griechische Geschichte beginnt mit Homer

griechische Geschichte beginnt mit Homer
griechische Geschichte beginnt mit Homer
 
Die griechische und damit die europäische Geschichte beginnt mit zwei Werken der Literatur allerhöchsten Ranges, den beiden aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. stammenden Epen »Ilias« und »Odyssee«. Diese Texte sind im Versmaß des Hexameters verfasst und machen zusammen knapp tausend Druckseiten aus. Obwohl der Großteil der antiken Literatur verloren ist, sind gerade »Ilias« und »Odyssee« vollständig erhalten; das ist nicht nur ein glücklicher Zufall, sondern hat seinen Grund in der Tatsache, dass diese Werke die ganze Antike hindurch als musterhaft angesehen und wegen der Fülle ihrer dramatischen Geschichten und der Schönheit ihrer Sprache immer wieder gelesen und veröffentlicht wurden, sodass es zahlreiche Handschriften gibt. Es gibt viele deutsche Übersetzungen aus dem griechischen Originaltext, selber klassisch geworden aber ist die Übersetzung von Johann Heinrich Voß aus dem 18. Jahrhundert, die heute wegen ihrer Sprache bereits Patina angesetzt hat und deshalb den Eindruck einer gewissen erhabenen Entrücktheit hervorruft. Gleich, welche Übersetzung man benutzt, in jedem Fall müssen sich die heutigen Leserinnen und Leser intensiv einlesen, um den Reiz und die Faszination zu spüren, die man im Altertum oder auch noch vor zweihundert Jahren bei der Lektüre empfand. Dann aber lohnt es sich und wird zum unverlierbaren Erlebnis.
 
Beide Epen geben vor, in einer vergangenen, aber realen Welt der Helden und Götter zu spielen. Die »Ilias« erzählt von einer nur wenige Tage dauernden Episode aus einem insgesamt zehnjährigen Krieg der vereinigten Griechen gegen die am Hellespont gelegene kleinasiatische Stadt Troja. Dieser Krieg sei dadurch entstanden, dass der trojanische Königssohn Paris Helena, die schönste lebende Frau und Gemahlin des Menelaos, des Königs von Sparta, entführt habe. Um Helena wieder zurückzuholen, verbünden sich die Griechen unter dem Oberbefehl des Bruders des Menelaos, des Agamemnon, der König von Mykene ist, und belagern Troja. Die Götter, die teils aufseiten der Griechen, teils aufseiten der Trojaner stehen, greifen unablässig in die Kämpfe ein. Zum Schluss siegen die Griechen durch eine List: Sie stellen ein großes hölzernes Pferd her, von dem die Trojaner annehmen, es sei ein Glück bringendes Göttergeschenk, das sie deshalb in ihre Stadt ziehen. In Wirklichkeit verbergen sich in seinem Bauch Griechen, die auf diese Weise in die Stadt eindringen und sie von innen heraus erobern können.
 
Die »Ilias« nun — sie hat ihre Bezeichnung von Ilios, einem anderen Namen für Troja — handelt davon, dass Achilleus, einer der griechischen Könige und der erfolgreichste Kämpfer vor Troja, wegen eines Ehrenhandels mit Agamemnon sich eine Zeit lang weigert, am Kampf teilzunehmen, wodurch die Griechen in große Bedrängnis geraten; zum Schluss kämpft er wieder mit und besiegt den trojanischen Königssohn Hektor, den gewaltigsten Krieger auf der Gegenseite. Die »Odyssee« behandelt die Heimkehr eines der vor Troja kämpfenden Griechenkönige, des Odysseus, König auf der Insel Ithaka. Er erlebt auf seiner gefahrvollen Schiffsreise zahlreiche Abenteuer mit göttlichen und Fabelwesen, erleidet Schiffbruch und kommt schließlich nur als Einziger von seinen Gefährten nach Hause, und auch auf Ithaka muss er erst um seine Wiedereinsetzung als König kämpfen. Von beiden Epen wurde in der Antike angenommen, sie seien von einem Dichter namens Homer verfasst worden, gäben aber die historische Realität wieder, sie waren also eine Art erstes Geschichtsbuch der Antike. Erst am Ende des 18. Jahrhunderts zweifelte man ernsthaft daran, dass es Homer als Dichter der beiden Bücher gegeben habe. Auch vermutete man, dass ihr Inhalt eher dichterische Fantasie sei und — ganz abgesehen von den sagenhaften Partien — allenfalls in groben Zügen geschichtlichen Ereignissen entspreche; dass es allerdings einen Trojanischen Krieg gegeben habe, wurde doch allgemein angenommen.
 
Ein Mann allerdings nahm Homer wörtlich. Er war kein Fachmann, sondern ein homerbegeisterter reicher Kaufmann aus Mecklenburg, Heinrich Schliemann. Er ging dorthin, wo nach den Epen der Kampf getobt hatte, nach Ilios, und wo Agamemnon regiert hatte, nach Mykene, grub trotz der Skepsis der Fachleute nach und fand. Das, was er fand, hielt er für das homerische Troja und das homerische Mykene, und wenn die Fachleute hinsichtlich des Findens überhaupt widerlegt waren, so entspricht hinsichtlich der Interpretation des Gefundenen — und des inzwischen immer weiter zutage Getretenen — die historische Wirklichkeit doch nicht seiner Gleichsetzung mit Homer. In Troja ist mittlerweile eine Fülle der verschiedensten immer wieder zerstörten und aufeinander folgenden Siedlungen entdeckt worden, sodass klar ist, dass es sich hier um einen wichtigen frühgeschichtlichen Platz gehandelt hat; aber dass irgendeine dieser Siedlungen in allen Einzelheiten mit dem, was die homerische Dichtung als konkrete Ereignisse schildert, identisch wäre, kann natürlich nicht gesagt werden. Auch das Nibelungenlied und die Sagen um Dietrich von Bern haben sich aufgrund von historischen Ereignissen des 5. und 6. Jahrhunderts n. Chr. herausgebildet — aber die Stelle im Odenwald finden, an der ein Hagen einen Siegfried von hinten getötet hätte, oder im Rhein mittels Unterwasserarchäologie einen von Hagen versenkten Schatz heben zu wollen, verwechselt dichterische Fiktion mit sehr nüchternen Tatsachen.
 
Aber: Zwar hat es einen Trojanischen Krieg in diesem unmittelbaren Sinn nicht gegeben, was es jedoch gegeben hat, das ist eine erste griechische Zivilisation vor der historischen Zeit, und sie als Erster entdeckt zu haben, ist Schliemanns unvergängliches Verdienst. Wir nennen sie nach Schliemanns erstem Fundort auf dem griechischen Festland die mykenische Kultur.
 
 Die mykenische Kultur wird entschlüsselt
 
Die mykenische Kultur erstreckte sich über ganz Süd- und Mittelgriechenland bis hinauf nach Volos, wie das alte Iolkos jetzt heißt, und wer heute die schönen griechischen Lokalmuseen besucht, staunt über die große Fülle von mykenischen Funden, die sich über das ganze Land erstrecken, also nicht nur aus den großen Zentren stammen. Diese großen Zentren sind Mykene und Tiryns, Pylos im Südwesten der Peloponnes, in Attika Athen, in Böotien Orchomenos, Gla (bei Akraiphia) und Theben, in Thessalien Iolkos — und viele andere; ja, auch auf Kreta, auf den Inseln, in Kleinasien und sogar in Süditalien und Sizilien haben die mykenischen Griechen ihre Spuren hinterlassen.
 
Ihre Zivilisation konnte man seit Schliemann zunächst nur aufgrund der archäologischen Funde beschreiben, und als zu Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten Schrifttafeln auftauchten, konnte man sie noch nicht lesen. Erst 1952 gelang dem Engländer Michael Ventris die Entzifferung der Schrift (Linear B), und da stellte sich heraus, dass diese Tontafeln in einer Frühform des Griechischen geschrieben sind.
 
So also in kurzen Zügen der Befund. Was ergibt sich aus ihm? Irgendwann um 2000 v. Chr. datiert man Veränderungen der archäologischen Situation, woraus gefolgert wird, dass um diese Zeit Leute aus dem Norden eingewandert sind. Unspektakulär haben sie dahingelebt, bis im zweiten Drittel des 2. Jahrtausends v. Chr. ein Erwachen einsetzt. Wir sehen es in den Schachtgräbern von Mykene mit ihren üppigen Goldbeigaben, unter denen die Goldmasken am berühmtesten sind; später traten an die Stelle dieser Bestattungsart die riesigen Kuppelgräber. Wenn man sich fragt, wie es zu diesem Auftauchen aus der Kulturlosigkeit kommen konnte, dann gibt darüber unter anderem der Stil der künstlerischen Produkte Auskunft: Die Wandgemälde zum Beispiel ähneln so sehr der minoischen Kunst, dass nach deren Entdeckung zunächst die Meinung vorherrschte, man habe es in Mykene überhaupt nur mit einem Ableger des minoischen Kreta zu tun. Heute vermutet man, dass ein wie auch immer verursachter Kontakt mit dem minoischen Kreta dazu geführt hat, dass die Festlandsleute dessen Zivilisation teilweise übernommen haben. Aber wirklich nur teilweise. Die minoische Kultur hatte bekanntlich insofern einen weiblichen Charakter, als in den bildlichen Darstellungen keine kriegerischen Szenen vorkommen, und das ist in Mykene sehr anders. Es gibt Kampfszenen, aber auch Kriegergräber mit Waffenbeigaben, und alles das fehlte im minoischen Kreta.
 
Die letzte Phase der mykenischen Kultur hat einen besonders wehrhaften Charakter. Jetzt erst, etwa ab 1400 v. Chr., wurden die Burgen gebaut, die Mykene und Tiryns berühmt gemacht haben. Pylos blieb unbefestigt, aber auch auf der athenischen Akropolis finden wir gewaltige Burgmauern, und die Hochfläche von Gla ist das Musterbeispiel einer festungsartigen und uneinnehmbaren Stadt. Wahrscheinlich sind diese und andere Burgen das Resultat der Tatsache, dass jetzt Bedrohungen auf die Mykener zukamen, und schließlich erlagen sie um 1200 v. Chr. diesen Angriffen. So wurden Mykene, Tiryns und Pylos niedergebrannt und in der früheren Form nicht wieder aufgebaut. Allerdings sind diejenigen, die die Zerstörungen verursacht haben, weitergezogen; sie waren wohl dieselben, die dann im Vorderen Orient ebenfalls erhebliche Zerstörungen verursachten und erst von den Ägyptern aufgehalten wurden. Von den Ägyptern erhielten sie den Namen, unter dem sie auch bei uns bekannt sind, nämlich die Seevölker.
 
Weitere Tatsachen zeigen, dass man sich das Ende der mykenischen Welt nicht so vorstellen darf, dass eben ein neues Volk das frühere besiegt habe und sozusagen an seine Stelle getreten sei. Zum einen gibt es diese Zerstörungen nicht überall, sie fehlen etwa in Athen, sodass das auch dort eingetretene Ende der mykenischen Kultur einen anderen Grund gehabt haben muss. Zum anderen gibt es, etwa in Tiryns, umfangreiche Nachbesiedlungen, fast eine neue Blütezeit — nur eben nicht in der Organisationsform, wie sie die mykenischen Staaten aufwiesen. Und schließlich sickerten neue Einwanderer nach, die sich vor allem auf der Peloponnes niederließen und sich mit der vorgefundenen Bevölkerung vermischten. Sie sprachen die dorische Variante des Griechischen, sodass man diesen Vorgang die dorische Wanderung nennt. In der Sage von der Rückkehr der Herakliden bewahrten die Griechen eine Erinnerung an diese Wanderung.
 
Die Organisationsform der mykenischen Kultur ist uns durch Schrifttäfelchen bekannt geworden, die zuerst Anfang des 20. Jahrhunderts in Knossos auf Kreta gefunden wurden. Der Ausgräber Arthur Evans nannte die auf ihnen zu lesende Schrift Linear B; Linear wegen ihrer Form, und B, weil es noch eine andere ähnliche Schrift gab, die er A nannte. Linear A war die noch nicht hinreichend entschlüsselte Schrift der Minoer, und dass die Mykener diese Schrift wenn auch in abgewandelter Form übernahmen, ist ein weiteres Indiz dafür, dass sie ihren zivilisatorischen Anstoß von den Minoern bekamen. Das Vorkommen dieser Schrift auf Kreta bedeutet, dass die Mykener später auch dort herrschten; aber seit ihrer ersten Entdeckung auf Kreta fand man sie auch an vielen anderen Stellen auf dem Festland. Sie kommt auch auf Gefäßen vor, wo sie zur Kennzeichnung des Inhalts verwendet wurde. Die Schrifttäfelchen waren nicht für eine dauernde Aufbewahrung gedacht; sie sind nur deshalb für uns heute erhalten geblieben, weil die Gebäude, in denen sie gefunden wurden, in einem Feuersturm zugrunde gegangen sind, und dabei wurden diese Täfelchen gebrannt.
 
Was stand auf den Täfelchen? Es waren Wirtschaftstexte, auf denen Abgaben oder sonstige wirtschaftliche Vorgänge verzeichnet waren. Aus der äußeren Struktur der Texte konnte man das bereits entnehmen, als man die Worte noch nicht verstand, denn man konnte deutlich Zahlzeichen und mit ihnen verbundene Rubriken erkennen. Eine genaue Analyse der Texte ergab, dass diese Abgaben innerhalb einer zentralen Palastwirtschaft geleistet wurden, und da eine solche Palastwirtschaft mit entsprechender Buchführung die Organisationsform der minoischen Zivilisation war, ist auch hier zu sagen, dass die mykenische Kultur eine Variante oder Weiterführung der minoischen Kultur gewesen ist; die Schrift ist als Hilfsmittel für diese Wirtschaftsorganisation mit übernommen und abgewandelt worden. Es war eine Silbenschrift und eignete sich als solche nicht gut für die griechische Sprache, sodass die merkwürdigen Lautkombinationen, die die ersten Entzifferer entschlüsselten, zunächst gegen die Richtigkeit der Entzifferung sprachen. Jetzt aber, nach der allgemeinen Anerkennung, erhalten wir wertvolle Auskünfte über die mykenische Welt. Es ist nämlich nicht nur vordergründig von Wirtschaftsdaten die Rede, sondern da es sich um eine sozusagen staatliche Wirtschaft handelte, werden auch öffentliche Institutionen genannt. Es gibt einen wanax, den obersten König; es gibt den lawagetas, einen hohen Würdenträger anderer Art; es gibt den damos (im klassischen Griechisch demos), also das Volk; und es gibt ein kleineres oder mittleres Amt, das die Bezeichnung qa-si-re-u trägt, also das Wort, aus dem dann später das griechische Wort basileus, König, geworden ist. Es gibt Abgabepflichten des Volkes; es gibt differenzierte Berufe, darunter Schmiede; es gibt Landzuteilungen an Amtsträger, zu denen auch Priester und Priesterinnen gehörten, ja, es gibt sogar Rechtsstreitigkeiten über solche Landzuteilungen, die ebenfalls dokumentiert sind. Staat und Gesellschaft in mykenischer Zeit waren also um den jeweiligen Herrschersitz zentrierte hoch differenzierte und wohl organisierte Gebilde.
 
Noch etwas anderes wird aus den Täfelchen deutlich. In Angaben zu dem wirtschaftlichen Besitz von Heiligtümern kommen auch Götternamen vor, und wir erfahren dadurch, dass die Götterwelt der Mykener die der späteren Griechen war. Die Namen der Götter sind identisch, und wenn zu Beginn der Entzifferungsarbeit gemeint wurde, die Entzifferung sei falsch, weil auch der Gott Dionysos gelesen wurde, der doch erst später in die griechische Religion aufgenommen worden sei, so muss jetzt umgekehrt gesagt werden: Dionysos ist ein alter griechischer Gott, weil er schon in Linear B erwähnt wird. Das führt uns zum Schluss auf die Frage, ob wir Schliemann wirklich der Naivität beschuldigen können, und ob es nicht vielleicht doch so ist, dass die homerischen Epen in wenn auch poetisch veränderter Form Vorgänge wiedergeben, die in mykenischer Zeit spielen? Nun gut, als aufgeklärte Rationalisten sagen wir mit den Aufklärern des 5. vorchristlichen Jahrhunderts in Athen, dass es natürlich die Götter in Wirklichkeit nicht gegeben hat, sondern dass sie eine Erfindung der Menschen sind. Aber immerhin waren doch die Göttervorstellungen dieselben, und mächtige Burgen und Königreiche waren auch da, und warum sollen nicht wenigstens diese Grundtatsachen im griechischen kollektiven Gedächtnis haften geblieben sein und zu den Epen »Ilias« und »Odyssee« geführt haben? Eine Grundtatsache spricht dagegen: Die Welt, die in den Epen geschildert wird, weist außer der Tatsache mächtiger Könige nichts auf, was mit der durch die Archäologie und die schriftlichen Texte bekannt gewordenen Welt des mykenischen Griechentums übereinstimmt. Die späteren Griechen, so die Forschung heute, haben eben auch wie wir nur die Überreste dieser gewaltigen Vergangenheit gesehen und daraus den Sagenkreis geschaffen, den wir heute, wenn wir Sinn dafür haben, bewundern. Und ist das nicht schon mehr als genug?
 
Neues Kräftesammeln - die Dunklen Jahrhunderte
 
Dunkel sollen die Jahrhunderte nach dem Zusammenbruch Mykenes gewesen sein. Das ist ein Ausdruck, der von der Übergangszeit zwischen Altertum und Mittelalter auf eine bestimmte Zeit der Antike übertragen worden ist. Er bedeutet erstens, dass man wenig über die betreffende Zeit weiß, zweitens soll damit gesagt werden, dass die Verhältnisse selber von niedrigem Niveau waren, verglichen mit den Epochen vorher und nachher. Beide Gesichtspunkte treffen auf die Zeit zwischen, rund gerechnet, 1 200 und 800 v. Chr. gewiss zu, doch sind sie stark zu modifizieren. Denn einerseits fällt durch die archäologische Forschung immer mehr Licht ins Dunkel und andererseits wird man einer unserer Hauptquellen wegen nicht sagen können, dass diese Jahrhunderte nur primitiv und ungelenk gewesen seien, nämlich wegen der Epen Homers, die in dieser Zeit entstanden sind und nach wie vor funkeln in unerreichter Schönheit und Gedankentiefe. In den einfachen Verhältnissen dieser Jahrhunderte sammelten und organisierten sich in der Stille die Kräfte, die sich in der nächsten Epoche, der Archaischen Zeit, stürmisch und offen entfalten sollten. Oder, in Bildern und Vergleichen gesprochen: Man könnte von der Inkubationszeit der griechischen Kultur sprechen, oder davon, dass die Dunklen Jahrhunderte mit einem Flugzeug zu vergleichen sind, das langsam auf seine Startposition rollt, stehenbleibt, die Motoren kraftvoll anlaufen lässt und dann steil in die Höhe steigt.
 
Unsere literarische Hauptquelle sind die homerischen Epen, die, wie im Folgenden skizziert, entstanden waren. In den Dunklen Jahrhunderten zogen Berufssänger von Ort zu Ort und erzählten von den trojanischen Abenteuern und anderen Götter- und Heldensagen. Das taten sie auf die Weise, dass sie ihre Inhalte in einem gut zu behaltenden und zu wiederholenden Rhythmus vortrugen, eben dem Hexameter. Mit diesem Versmaß konnten sie das schon Feststehende bequem wiederholen, sie konnten bestimmte immer wiederkehrende Situationen in derselben Weise ausdrücken -, und sie konnten neue Stücke hinzufügen. So entstand über Jahrhunderte aus vielen Einzelstücken der Text, der dann später schriftlich fixiert wurde, und den wir heute haben. Dass beide Epen das Werk eines bestimmten Dichters namens Homer wären, kann man also nur sehr bedingt sagen. Eine historische Quelle stellen die Epen jedenfalls dar, wenn auch auf ganz andere Weise, als man es sich im Altertum vorstellte. Die großen Könige, ihre Residenzen und ihre Heldentaten sind für uns nur Sage; die Berichte von den mächtigen Burgen und den erzenen Waffen sind wohl keine unmittelbare Erinnerung an die mykenische Zeit, sondern diese Vorstellungen sind eher aufgrund der vorhandenen Trümmer von alleine entstanden. Aber das, was in den Epen als selbstverständlich vorausgesetzt wird, was alle Zuhörer unmittelbar verstanden, weil es ihnen vertraut war, das hat Quellenwert, denn das spiegelt die Verhältnisse der Zeit wider, in der die Epen entstanden waren, nämlich die Dunklen Jahrhunderte.
 
Danach war das griechische Siedlungsgebiet das heutige Süd- und Mittelgriechenland und die Inseln; es war in kleine Einzelgebiete eingeteilt, in denen unabhängige Städte unbekannt waren. Die über sie herrschenden mächtigen Könige, deren jeweiliger Stammbaum eng mit den Göttern verbunden ist, sind bei näherem Hinsehen eher Großbauern oder Gutsbesitzer, die als die Einflussreichsten ihrer Umgebung die Führungsrolle einnahmen und im Krieg das Kommando innehatten; ihr Titel Basileus ist aus dem mykenischen qa - si - re - u hervorgegangen. Neben ihnen gab es die Oberhäupter der anderen wohlhabenden Familien, die wir schon als Adel bezeichnen können. Sie berieten den lokalen König in einem Adelsrat, und sie stellten die Richter in Rechtsstreitigkeiten. Das Volk der freien Bauern trat von Fall zu Fall in einer Volksversammlung zusammen, um in den wichtigsten Fragen - vor allem denen von Krieg und Frieden - sein Votum abzugeben. Halten mussten sich König und Adel daran nicht, nur war es klug, dieses Votum zu berücksichtigen. Die Frauen der Adelsfamilien waren hoch geachtete Damen, die über die inneren Angelegenheiten der Güter oder Höfe herrschten, wo sich Männer nicht einzumischen hatten, und die gelegentlich auch ihre Meinung zu allgemeinpolitischen Dingen abgaben.
 
Die freien Bauern bewirtschafteten ihre kleinen Höfe und kämpften unter der Führung des Adels. Das Handwerk bildete sich erst ganz allmählich heraus; nur diejenigen, die das neue Metall Eisen bearbeiten konnten, die Schmiede, waren begehrte Spezialisten. Es gab Ansätze weiträumigen Tauschhandels, zum Teil über das Meer, und dieser Handel lag großenteils in den Händen von Phönikern, einem seefahrenden Volk aus Vorderasien. Gelegentlich arbeiteten fremde Kriegsgefangene als Sklaven. Geld, das heißt Münzen, gab es nicht. Die Schrift war unbekannt - bzw. vergessen -, und daher konnte es auch keine Literatur im eigentlichen Sinne geben. Den Göttern wurde auf Altären an heiligen Plätzen im Freien geopfert.
 
Nun ist es nicht so, dass die Angaben bei Homer in sich widerspruchsfrei und einheitlich wären; sie stammen ja aus großen unterschiedlichen Zeiträumen und sind zudem Dichtung, die eigenen Gesetzen folgt. Dass das hier skizzierte Bild aber einigermaßen der Wirklichkeit entspricht, zeigt die Archäologie. Immer mehr Siedlungen und Gräberfelder werden ausgegraben, die wertvolle Aufschlüsse über das soziale und kulturelle Leben geben. In Lefkandi auf der Insel Euböa hat man ein prunkvolles Grab eines Lokalkönigs aus dem 10. Jahrhundert v. Chr. gefunden, ein ca. 50 m langes Gebäude, in dem eine fürstliche Familie mit ihren Pferden bestattet war, und aus dem Orient stammende Grabbeigaben zeigen, dass der Tauschhandel über das Meer fest etabliert war. Insbesondere zeigt die Archäologie eine starke Präsenz der Phöniker - auch - im Ägäisgebiet. Sie kannten die Schrift, und die phönikische Schrift ist dann von den Griechen übernommen worden. Archäologisch sind auch Wanderungsbewegungen der Griechen festzustellen, die nicht den homerischen Angaben entsprechen. Bei Homer gibt es keine Griechen in Kleinasien, jedoch ist zu Beginn der Dunklen Jahrhunderte die Westküste Kleinasiens griechisch besiedelt worden.
 
Diese Besiedlung geschah vom europäischen Festland aus, und zwar so, dass die Verteilung der durch Sprachvarianten charakterisierten griechischen Großstämme genau der des Mutterlandes entsprach: Im Norden Kleinasiens sprach man äolisch, im großen Mittelteil ionisch und im Süden dorisch. Die komplexe Herausbildung des griechischen Volkes durch unterschiedliche Einwanderungen und Vermischungen mit den Einheimischen hatte nämlich zu großen Dialektgruppen geführt. Dorisch wurde in Teilen der Peloponnes und auf Kreta gesprochen, die nordwestgriechische Variante in Nordwestgriechenland und in anderen Teilen der Peloponnes, und in Mittelgriechenland, bedeutend ist Attika, sprach man ionisch. Die Sprache Homers ist nicht einheitlich, jedoch dominieren ostgriechische Sprachbildungen.
 
In der bildenden Kunst der Dunklen Jahrhunderte hat sich eine Gattung erhalten, die mehr darstellt als bloße ungelenke Hervorbringungen, nämlich die geometrischen Vasen aus Athen. Während Athen sonst erst gegen Ende der Archaischen Zeit hervorzutreten beginnt, hat es mit diesen Vasen doch schon einen ersten gewichtigen Beitrag zur griechischen Kulturgeschichte geleistet. Diese Vasen, oft als Grabschmuck von gewaltiger Größe hergestellt, tragen ihren Namen von ihrer Dekoration, die aus geometrischen Mustern besteht, vorwiegend Mäandermuster oder mit dem Zirkel gezogene Kreise oder Halbkreise. Die Anpassung der Muster an die Tektonik der Vasenform zeigt eine kraftvolle künstlerische Gestaltung; spätere Menschendarstellungen, wie sie zum Beispiel auf der Dipylonvase zu sehen sind, zeigen Trauernde um einen aufgebahrten Toten; sie sind ebenfalls auf geometrische Formen reduziert.
 
Ausbreitung der Griechen
 
In den Dunklen Jahrhunderten störte die Griechen keine andere Macht in ihrer Entwicklung, in dieser Zeit müssen sie Fähigkeiten und Bewusstseinslagen angesammelt haben, die etwa um das Jahr 800 v. Chr., dem Beginn der archaischen Zeit, fast zu einer Art kulturell-politischen Ausbruchs kamen. Die Griechen besiedelten nun nicht nur in einem ein Vierteljahrtausend dauernden Auswanderungsvorgang zahlreiche Küsten des Mittelmeeres und des Schwarzen Meeres, sie fanden auch in der Polis die ihnen gemäße und die gesamte Antike prägende Staatsform, sie brachten erstmals individuelle Dichtung und Philosophie hervor, bauten Tempel und schufen mit Großplastik und Vasenmalerei ihre Zeit charakterisierende und doch zeitlose Kunstwerke.
 
Nach einem Wort Platons saßen die Griechen um das Mittelmeer herum wie Frösche um einen Teich. Der Teich ist sehr unregelmäßig geformt, und die Frösche haben sich nicht auf einmal und nicht überall niedergelassen. Davon, wie und warum das vor sich ging, haben wir für einen Fall, nämlich für die Besiedelung der Cyrenaica im heutigen Libyen, eindrucksvolle Berichte. Von Herodot, dem ersten Historiker der Weltliteratur, werden zwei unterschiedliche Versionen geschildert, die zusammengefasst folgenden Ablauf ergeben: Irgendwann im 7. vorchristlichen Jahrhundert begibt sich eine Gesandtschaft der Insel Thera - das heutige Santorin - zum Delphischen Orakel und erhält dort, ungefragt, die Aufforderung, in Afrika eine Stadt zu gründen. Die Theräer kommen dieser Aufforderung aber zunächst nicht nach, und erst, als eine Hungersnot über sie hereinbricht, entschließen sie sich schweren Herzens, ins Unbekannte zu ziehen. Zwangsweise werden die Auswanderer bestimmt, jemand namens Battos wird zu ihrem Anführer gemacht, und sie, die sich jetzt widerstrebend zu Schiff auf das hohe Meer wagen, müssen sich auf mündliche Auskünfte von Purpurfischern und Händlern aus Samos verlassen, versuchen, wegen Aussichtslosigkeit zurückzukehren, werden gar nicht erst an Land gelassen, treiben über die Straße von Gibraltar in den Atlantik hinaus, und doch gelingt es ihnen schließlich, zunächst eine Insel vor der afrikanischen Küste zu besetzen und dann auf dem Festland die Stadt Kyrene zu gründen.
 
Kyrene wurde alsbald eine der blühendsten Städte des Altertums. Unter den ertragreichen Ausgrabungen, die italienische Archäologen unseres Jahrhunderts vornahmen, wurde eine Inschrift aus dem 4. vorchristlichen Jahrhundert gefunden. Darin wird ein Beschluss der Volksversammlung von Kyrene festgehalten, der aufgrund des Wunsches einer Abordnung aus Thera gefasst worden war. Den Leuten aus Thera wird das Bürgerrecht von Kyrene zugebilligt, und zwar deshalb, weil die Theräer mit einem Text aufwarten, den sie in ihrem Archiv gefunden hatten. Dieser Text gibt den Beschluss der Volksversammlung von Thera wieder, der die seinerzeitige Auswanderung festlegte, und in ihm war bestimmt, dass eben zurückgebliebene Theräer berechtigt seien, in der Neugründung Kyrene das Bürgerrecht zu erlangen.
 
Uns heute ist sofort klar, dass dieser Text nicht wörtlich der sein kann, der damals beschlossen worden war, denn woher sollten die Theräer damals schon wissen, dass die erst zu gründende Stadt das bekannte Kyrene in Nordafrika sein werde? Ließen sich also die Kyrenäer des 4. Jahrhunderts übertölpeln und fielen auf eine plumpe Fälschung herein? Ganz bestimmt nicht. Es ist vielmehr so, dass man damals andere Authentizitätsvorstellungen hatte als heute, und dass es auf den genauen Wortlaut weniger ankam. Der Text versteht sich daher als eine im Wortlaut der damaligen Gegenwart angepasste Variante dessen, was man zur Zeit der Auswanderung beschlossen hatte. Insgesamt bestätigt sie Herodots Bericht, und uns eröffnet sie Einblicke in die damalige Situation: Erstens war die Angst auszuwandern so groß, dass man durch Androhung der Todesstrafe dazu gezwungen werden musste; zweitens muss die materielle Not ungeheuer groß gewesen sein, denn sonst hätte man nicht die Todesdrohung eingesetzt, um die Männer zur Auswanderung zu zwingen; drittens zogen die Frauen nicht mit; und viertens gab es eine Instanz, die das festsetzen konnte, und das war die politische Gemeinschaft, die Polis.
 
Wohin wurde nun ausgewandert? Allgemein gesprochen dorthin, wo Platz war. Daher schieden die Gebiete aus, in denen festgefügte andere Mächte herrschten, das heißt das gesamte Vorderasien, Ägypten, der Westteil Nordafrikas, wo die Karthager saßen, die phönikisch besiedelten Teile Spaniens, das etruskische Norditalien und der phönikisch-karthagische Westteil Siziliens. Die Griechen siedelten daher auf der Apenninhalbinsel in Mittel- und Unteritalien. Dort fingen sie sozusagen am mittleren Teil des Stiefels an, gründeten unter anderem Kyme in der Nähe des heutigen Neapel, Neapel, Poseidonia, das später Paestum heißt, Rhegion (heute Reggio di Calabria) an der Stiefelspitze und unterhalb der Stiefelspitze Lokroi Epizephyrioi (Lokroi unter dem Zephyr, dem Westwind, heute Locri), Kroton (Crotone), Sybaris, Metapont und Taras, auf deutsch Tarent, auf italienisch heute Taranto.
 
An der nördlichen Adriaküste finden wir bei den beiden gleichermaßen etruskisch und griechisch geprägten Städten Spina und Atria (auch Hatria) - heute Adria - griechische Handelsniederlassungen, und, wenn wir an die französische Küste hinüberspringen, kommen uns weitere Namen bekannt vor: Nikaia, die »Siegesstadt«, ist das heutige Nizza, Antipolis, die »gegenüberliegende Stadt«, heißt heute Antibes, und die große Stadt Massalia, die noch bis in die römische Kaiserzeit griechisch blieb, ist natürlich Marseille. An der spanischen Küste liegen die Griechenstädte schon weiter gestreut, und nicht immer ist sicher, ob sie rein griechische oder nicht ursprünglich phönikische Gründungen sind, aber einen schönen griechischen Namen hat Ampurias, das auf griechisch Emporion hieß, die »Handelsstadt«. In Afrika dann bestand zwischen dem karthagischen und dem ägyptischen Herrschaftsgebiet eine kleine Lücke, in die sich sofort Griechen hineinzwängten und die Kolonie Kyrene gründeten, wovon wir schon sprachen.
 
An der israelisch-libanesisch-syrischen Küste stößt man auf kleinere Handelsstützpunkte, die aber nicht als Kolonien gelten können, die Südküste der heutigen Türkei war in ihrem östlichen und mittleren Teil fest in der Hand vorderasiatischer Mächte, die anschließende Südwest- und Westküste war sowieso schon griechisch, und erst an der Nordküste konnten sich wieder Griechen festsetzen. Sie gründeten Herakleia, das dann selber das Schwarzmeergebiet mitbesiedelte, Sinope (heute Sinop), Trapezus (heute Trabzon), an der dann anschließenden georgischen Küste gab es Phasis (heute Poti), Dioskurias (heute Suchumi) und Pityus (heute Pizunda), wobei im Streit ist, ob es sich bei diesen Städten wirklich um frühe griechische Ansiedlungen handelt und nicht eher um einheimische kolchische Städte, zu denen erst später auch Griechen stießen.
 
Diese Frage stellt sich nicht bei dem Gebiet der Straße von Kertsch und der Krim überhaupt. Hier saßen die griechischen Frösche so dicht aneinander, dass sie sich fast mit den Schenkeln berührten. Noch auf ihrer Ostseite gab es Gorgippia (unter dem heutigen Anapa), Hermonassa und Phanagoreia, an der Mündung des Don, der damals Tanais hieß, eine gleichnamige Stadt, westlich der Straße von Kertsch die Hauptstadt des Gebietes Pantikapaion (heute Kertsch), Nymphaion, Theodosia (heute Feodossija), Chersonesos und viele andere. An der Dnjeprmündung lag das mächtige Olbia, südlich der Donaumündung Histria, das seit seiner Zerstörung in der Völkerwanderungszeit nicht wieder besiedelt wurde. Tomis ist das heutige Konstanza (Constanţa), Kallatis Mangalia, und das antike Mesambria ist das heutige bulgarische Nessebar. Zuletzt sind wir wieder in der heutigen, europäischen, Türkei: Byzantion, heute Istanbul, wurde um 680 v. Chr. von Megara gegründet.
 
Das Hauptziel griechischer Kolonisation aber war Sizilien. Schon Süditalien war so dicht mit Griechenstädten besiedelt, dass es »Großgriechenland«, Megale Hellas, genannt wurde. Noch viel mehr könnte das auf Sizilien zutreffen. Der Westteil war zwar fest in der Hand von Elymern, Phönikern und Karthagern, aber die übrige Insel war so dicht mit reichen Griechenstädten bestückt, dass man von einem Amerika der griechischen Besiedlungsgeschichte sprechen kann. Gegenüber von Rhegion lag Zankle, das später Messana, unter den Römern und heute Messina heißt; weiter westlich findet man unter anderem Himera, späterer Schauplatz einer Entscheidungsschlacht, dann geht es gleich nach der nichtgriechischen Westspitze weiter mit Selinus, heute Selinunt an der Südküste. Akragas mit seinem Tal der Tempel -der Concordiatempel gehört zu den besterhaltenen der griechischen Welt - hieß auf lateinisch Agrigentum, auf italienisch Girgenti, was Mussolini zu unheroisch klang, weshalb er es in Agrigento umtaufen ließ; dann folgen Gela, Kamarina, Kasmenai und an der Ostküste die Herrin der Insel, Syrakusai, heute Syrakus. Mit Leontinoi, Katane, heute Catania, Naxos und Tauromenion, heute Taormina, sind wir wieder am Ausgangspunkt angelangt.
 
Überall dort, wo sich die Griechen niederließen, war also Platz, aber gab es denn nicht Keltiberer in Spanien, Gallier in Frankreich, italische Stämme in Italien, Sikuler und Sikaner auf Sizilien, Thraker und Geten auf der Balkanhalbinsel, Skythen und Taurer im nördlichen Schwarzmeergebiet und Kolcher in Georgien? Dass Kyrene wirklich die Lücke in einem dicht besiedelten Territorium füllte, erkennt man an den bald erfolgenden heftigen Auseinandersetzungen mit einheimischen Libyern, und so eng war das Nebeneinander von ihnen mit den Griechen, dass das sogar auf die Überlieferung des Namens des Stadtgründers abfärbte. Er hieß Battos, und obwohl es in Griechenland die Version gab, das sei ursprünglich ein Spitzname gewesen, weil dieser Mann gestottert habe, hat schon Herodot richtig gesehen, dass Battos gar kein Name, sondern der einheimische Königstitel war. Auch deshalb muss der »Eid der Gründer«, in dem Battos genannt wird, eine späteren Verhältnissen angepasste Fassung sein.
 
Und doch war zunächst Platz da. Niemand wurde von den Griechen, die ja nur an den Küsten siedelten, vertrieben, es wurden im Gegenteil Menschen hereingeholt. An der Auswanderung nahmen ja nur meist junge Männer teil, die noch keine Frauen hatten, und wenn doch, blieben diese zurück, wurden auch nicht nachgeholt. Die Frauen holten sich die Griechen von den Einheimischen. Als dann die Städte gegründet worden waren, stattlich und reich wurden und eine bisher unbekannte und sehr anziehende Zivilisation entfalteten, da rückten sozusagen die einheimischen Stämme näher und näher. Zunächst siedelten nur Individuen in die Städte um und gräzisierten sich, aber spätestens im Hellenismus brachten vielerorts Einheimische die Griechenstädte in politische Abhängigkeit oder übernahmen sie sogar ganz. Manchmal bekam eine übernomme Stadt sogar einen neuen Namen. So wurde aus dem griechischen Poseidonia das lukanische Paestum. Die berühmteste einheimische Stadt aber, die später über Griechenstädte die Herrschaft antrat, ist Rom.
 
Nicht alle Teile Griechenlands beteiligten sich an der Auswanderung. Zu Hause blieben zum einen die Athener - erst spät siedelten sie sich ausnahmsweise in Sigeion am Hellespont an -, zum anderen die Spartaner - mit der einen Ausnahme von Tarent. Zentren der Auswanderung waren etwa Chalkis auf der Insel Euböa, die Landschaft Lokris in Mittelgriechenland, Megara auf dem Isthmos von Korinth, Korinth selber, die Insel Rhodos und in einer letzten Phase Milet in Kleinasien, das den größten Teil der Schwarzmeerkolonisation trug.
 
Warum wanderten die Griechen aber massenweise aus? Neben der Variante, die Kolonisation habe Handelsinteressen gedient, und dafür gibt es durchaus Beläge, sprechen die meisten schriftlichen Quellen aber dafür - so zum Beispiel die Gründungsgeschichte Kyrenes -, dass es nackte Not, genauer Landnot war, die die Griechen über das Meer trieb.
 
Dass die Griechen bebaubares Land suchten, zeigt sich auch in den Berichten von Kriegen im griechischen Mutterland, die alle um Fruchtland gingen, und es zeigt die Archäologie. An vielen Stellen, so etwa in Metapont in Italien oder in Chersonesos auf der Krim, kann man heute noch sehen, wie um die jeweilige Stadt herum Landparzellen abgesteckt sind, die, von einheitlicher Größe, offenbar an die Siedler verteilt wurden. Es waren Ackerbauern, die wegen des ständig wachsenden Bevölkerungsüberschusses auswandern mussten und sich in der Fremde neues Land erwarben. Oder sagen wir besser Ackerbürger, denn sie siedelten sich ja in Form einer Stadt an, und dazu muss nun endlich ein erklärendes Wort gesagt werden.
 
Bisher haben wir immer von griechischen Städten gesprochen, die gegründet wurden. Das ist aber nicht selbstverständlich, denn warum sollte man sich in Städten ansiedeln? Es ist ja fraglich, ob es im Mutterland überhaupt schon überall so etwas gegeben hat. Eindeutig sagen, warum man im Ausland überall neue Städte gegründet hat, können wir heute nicht, aber wir können zwei Gesichtspunkte hervorheben. Der eine ist der, dass es ja immerhin völlig unbekanntes und weit entferntes Ausland war, in das man sich begab und in dem man aus Angst vor unzivilisierten Stämmen im Hinterland als Vorsichtsmaßnahme zusammenblieb - die Odyssee liefert dafür, angefangen von den Kyklopen, schlimme Geschichten, der zweite Gesichtspunkt ist der, dass die Auswanderung ja organisiert werden musste. So gab es im Mutterland politische Strukturen, die den Rahmen für die Auswanderung boten. Ein Adeliger scheint immer die Führung übernommen zu haben, er wurde Archeget genannt und in der neuen Stadt nach seinem Tod als Gründungsheros in religiösen Formen verehrt. Im Ausland übernahm man so viel wie möglich von den Einrichtungen von zu Hause, manchmal sogar den Namen, daher etwa der so poetische Name von »Lokroi unter dem Winde«. Im Mutterland hatte sich nun aber vieles in Jahrhunderten von allein entwickelt, während im Siedlungsgebiet alles neu geschaffen werden musste. Einfach mitnehmen konnte, ja musste man seine Götter und die religiösen Riten, in denen sie verehrt wurden. Aber im sozusagen weltlichen Bereich musste man doch für die neue Stadt die Organisationsform neu und auf einmal festsetzen. So, wie das neu gewonnene Land vermessen, abgesteckt und zugeteilt wurde, so wurde auch die Verfassung neu geordnet und nach Zweckmäßigkeits- und Machtkriterien in einem einzigen Akt festgesetzt. Nicht umsonst gibt es gerade aus dem neu gewonnenen Gebiet legendäre Figuren von großen, einmaligen Gesetzgebern wie Charondas von Katane oder Zaleukos von Lokroi Epizephyrioi.
 
Heutzutage nennt man den ganzen Vorgang die griechische Kolonisation nach dem lateinischen Wort colonia, das eine solche auf fremdem Territorium neu gegründete Stadt bedeutet. Die Kolonisation der Neuzeit hat ihre Bezeichnung von der Antike hergenommen, und sie hat den umgekehrten Charakter wie die griechische: Sie ist wirklich aus wirtschaftlichen Interessen entstanden, und nirgendwo in Asien oder Afrika gibt es europäisch besiedelte Städte. Eher passend wäre schon der Vergleich mit den beiden Amerika, und zwar auch deshalb, weil ihr Verhältnis zu den jeweiligen Mutterländern viel Ähnlichkeit mit dem Verhältnis der griechischen Pflanzstädte zu ihren Mutterstädten hat. Dieses war ursprünglich vielleicht als Abhängigkeit gedacht gewesen, aber zwei Faktoren führten sehr bald zur völligen Unabhängigkeit der neuen Städte. Der eine ist die Tatsache, dass nicht immer nur eine einzige Stadt Siedler aussandte. Oftmals kamen die Bewohner einer neuen Stadt aus verschiedenen Gegenden Griechenlands, und obwohl die neue Stadt jeweils einheitlich organisiert war und sich einer Mutterstadt zugehörig fühlte, wäre es doch schwierig gewesen, hier neue einheitliche Unterordnungen von Menschen unterschiedlicher Herkunft zu schaffen. Der andere Faktor ist wichtiger und liegt auf der Hand. Die Entfernung zwischen, etwa, Syrakus und Korinth, ist selbst heute noch und selbst angesichts der so viel besseren Kommunikationsmittel so groß und so schwer zu überwinden, dass schon aus technischen Gründen eine politische Beherrschung gar nicht möglich gewesen wäre. Das Ergebnis zeigt, dass die neuen Städte zwar gewisse emotionale Bindungen an die frühere Heimat hatten, aber völlig selbständig waren und eigene Wege gingen. Die Griechen nannten eine solche Stadt Apökie (griechisch apoikia), von apo mit der Bedeutung ab, weg, und oikos mit der Bedeutung Haus.
 
So war die griechische Welt in den zweihundert Jahren der Kolonisationsbewegung sehr viel größer geworden. Was bisher eine Art Randkultur einfachen Zuschnitts war, hatte sich fast über die ganze damals bekannte Welt verbreitet und fing an, eine dominierende Rolle zu spielen. Das aber war nur möglich, weil das Griechentum selber vollkommen über den harmlosen kulturellen und politischen Zustand hinauswuchs, den es in den Dunklen Jahrhunderten inngehabt hatte. Um in unserem Vergleich zu bleiben: Das Flugzeug namens Griechenland hebt ab und steigt steil nach oben. Wir sehen uns das zunächst auf dem staatlichen Gebiet an, das eine genaue Parallele mit den Ursachen und Formen der Kolonisationsbewegung aufweist.
 
Die moderne Archäologie hat im griechischen Mutterland eine Entdeckung gemacht, die an die Landnahme der Griechen in Übersee erinnert. Man kann nämlich feststellen, dass im Übergang zwischen Dunklen Jahrhunderten und archaischer Zeit kleinere ländliche Siedlungen aufgegeben und größere städtische Zentren gegründet werden, um die herum das Ackerland lag. Dass es früher solche Zusammensiedlungen - auf griechisch Synoikismos, wörtlich etwa: Zusammenhausung - gegeben hat, ist noch in der griechischen Mythologie lebendig geblieben. So soll der Held Theseus den athenischen Staat dadurch gegründet haben, dass er einen Synoikismos Attikas veranstaltet habe. Warum zog man jetzt zusammen? Womöglich hatte auch das mit der Zunahme der Bevölkerung zu tun, die auch archäologisch festzustellen ist, nämlich am Größerwerden der Begräbnisplätze. Diese Bevölkerungszunahme hatte ja zu der großen Auswanderungsbewegung geführt. Vorher, und in der Folgezeit weiter, hatte man außer der Neukultivierung von Ackerland zu einem sehr einfachen, freilich nicht unbegrenzt einsetzbaren Mittel gegriffen: Man versuchte, dem lieben Nachbarn etwas wegzunehmen.
 
Wir hatten schon von den Grenzkriegen um Fruchtland gesprochen, und so, wie sich in Übersee die Griechen in Städten zusammenschlossen, um den Einheimischen standhalten zu können, so könnte auch im Mutterland die Zusammensiedlungsbewegung dadurch verursacht worden sein, dass man sich in Verteidigung oder Angriff zusammenschließen musste. Genau wie in Übersee ergab sich damit die Notwendigkeit, diese neue Art des Zusammenlebens anders und genauer zu organisieren, als es bisher der Fall war. So bildete sich der Adelsstaat heraus. Wir haben ihn uns so vorzustellen, dass sich die Stadt über die bisherige, eher lockere Form hinaus präziser organisierte. Das Volk kam nach wie vor auf Initiative von Adeligen gelegentlich zusammen, um seine nicht bindende Meinung kundzutun. Der Adel selbst regelte seine Beziehungen untereinander nun genauer, das heißt, er schaffte Ämter, und zwar im Anschluss an die Aufgaben, die zu erfüllen waren. Das war einmal der Verkehr mit den Göttern, so dass der oberste Beamte die Opfer zu vollziehen hatte, um die Götter gnädig zu stimmen. Das war weiter der Oberbefehl im Kriege, der einem der Adeligen anvertraut wurde. Drittens war es die Rechtsprechung; mit ihr konnten mehrere Personen betraut werden.
 
Vielleicht wurden diese Ämter durch die Volksversammlung besetzt, vielleicht machten das die Adeligen auch unter sich aus. Ihr Organ war weiterhin der Rat, an dessen traditionsgeheiligtes Zusammentreten sich der Dichter Alkaios sehnsüchtig erinnert, denn zu seiner Zeit war diese Institution bereits durch die aufkommende Tyrannis bedroht. Auf welche Weise auch die Ämter besetzt wurden, eines war unabdingbar. Ein jedes Amt konnte nur ein Jahr lang besetzt werden, denn die Adeligen achteten genau darauf, dass sie untereinander gleich blieben und keiner zu viel Macht ansammelte. So etwa dürfte der Adelsstaat ausgesehen haben; mit ihm hat, in Verbindung mit der Zusammensiedlung in eine Stadt, das Gebilde Gestalt gewonnen, das wir als die typische Form der antiken politischen Struktur kennen, der Stadtstaat, oder mit dem griechischen Wort: die polis.
 
Polis hieß ursprünglich Burg oder Festung, und damit war die erhöhte Stelle gemeint, die in vielen Fällen schon in mykenischer Zeit den Palast getragen hatte, auf der sich die wichtigsten Heiligtümer befanden und um die herum sich die Stadt ansiedelte; der athenische Sprachgebrauch nannte die Akropolis auch lediglich Polis. Die Polis als Stadtstaat war eine Ansiedlung von Menschen in einer kleineren Stadt, um sie herum war genug bebaubares Land, das die Stadt von Ackerbürgern ernährte, es gab einige Handwerker, einige Sklaven, der städtische Adel regierte zunächst, und allmählich bildete sich eine feste Verfassung heraus. Die Polis war also etwas ganz Unromantisches, sie war das, was unser entsprechendes Adjektiv bezeichnet, das ja vom Wort Polis abgeleitet ist: Sie war politisch.
 
Später kam eine weitere Entwicklung hinzu, die endgültig zur politischen Bewusstheit und im Endergebnis zu einer rational geschaffenen staatlichen Verfassung führte. Auch deren Anfänge können wir schon in der Ilias lesen. Dort erscheinen die wesentlichen Kampfhandlungen als Zweikämpfe der großen Helden, und man hat daher gemeint, der Text reflektiere einen Zustand, in dem einzig der Adel gekämpft habe. Nun besteht aber das Griechenheer vor Troja auch aus Nichtadeligen, und genaueres Hinsehen hat ergeben, dass schon in der Ilias eine Kampfesweise auftritt, die die nächste Stufe der Entwicklung ist, nämlich die der Phalanx. Das waren in gestaffelten Schlachtreihen aufgestellte schwerbewaffnete Fußsoldaten, die die Nichtadeligen stellten. Warum brauchte man sie? Zum einen deshalb, weil durch das Eisen eine neue Waffentechnik aufkam, aber auch für diese Verwendung musste ja ein Bedürfnis bestanden haben. Das war zum anderen wieder die Notwendigkeit, in den Kämpfen mit den Nachbarn eine möglichst hohe Kampfkraft zu haben, und die boten die schwerbewaffneten Fußsoldaten. Ihre jetzt aufkommende Verwendung hatte weitreichende politische Konsequenzen, auf die wir noch kommen werden.
 
Noch eine Rückblende zur Ilias, um die Situation zu kennzeichnen, in der die Versammlung der bewaffneten Männer eine politische Rolle spielte: Im zweiten Buch wird geschildert, wie der griechische Oberfeldherr Agamemnon den versammelten griechischen Kriegern den Vorschlag macht, den Kampf abzubrechen und ohne Helena wieder nach Hause zu fahren. In eigentlich erheiternder Naivität tut er das nur, um von den Männern Widerspruch zu erfahren und eine Befestigung des Entschlusses zum Weiterkämpfen zu erreichen. Aber er erreicht nicht nur nicht dieses Ergebnis, sondern die Männer stimmen sogar gar nicht erst ab, sondern rennen sofort zu den Schiffen, um so schnell wie möglich abfahren zu können. Odysseus hat dann viel Mühe, diesen defätistischen Ansturm auf die Schiffe aufzuhalten und das Heer zum Weitermachen zu veranlassen.
 
Diese Geschichte ist ein Beispiel dafür, dass die Krieger, die als »Bürgersoldaten« neuerdings in den Heeren kämpften, ein Interesse daran hatten, mitzubestimmen, wann und gegen wen sie eigentlich eingesetzt werden sollen. Die Institution, in der sie diesen Willen zum Ausdruck brachten, war die Volksversammlung, die Versammlung der wehrfähigen Männer. Wehrfähig war man, wenn man genug Vermögen hatte, sich selber eine eiserne Rüstung zuzulegen. Rüstung heißt auf griechisch hoplon, und diese sich selbst ausrüstenden, in der Phalanx kämpfenden und mitbestimmenden Fußsoldaten hießen daher Hopliten.
 
Kann man also damit sagen, dass letzten Endes durch die Überbevölkerung - vermittelt durch Landnot, innergriechische Kämpfe und Erfindung des Eisens - allmählich eine Änderung der bisher allein durch den Adel bestimmten Verfassung eintrat, so wurde diese Veränderung noch von der Rechtsprechung her vorwärtsgetrieben, die ja auch dem Adel oblag. In archaischer Zeit scheinen die adeligen Richter zunehmend parteiisches Recht gesprochen zu haben. Wir haben dafür zwei Indizien. Das eine ist die Erwähnung »schiefer Sprüche« bei dem Dichter Hesiod. In seiner »Werke und Tage« genannten Dichtung ist in der Darstellung eines Rechtsstreites mit seinem Bruder Perses die Rede von »geschenkefressenden Königen«, was nichts anderes bedeutet als die Klage darüber, dass sich die adeligen Rechtsprechungsmagistrate bestechen ließen. Das zweite Indiz ist die Tatsache, dass jetzt erstmals das Recht schriftlich festgehalten und veröffentlicht wurde. Bisher ragte das Recht in sakrale Dimensionen hinein, war Sache des Zeus oder der Themis oder Dike, göttlichen Personifizierungen der Begriffe für Gesetz und Recht. Die konkreten rechtlichen Regelungen waren damit eine Art Geheimwissen, und nur die Männer vom Adel wussten darüber Bescheid. Die Unzufriedenheit mit dieser Art Rechtsprechung, die anscheinend ganz besonders wenig vorauszuberechnen war, muss immer mehr zugenommen haben. Es trat die Forderung auf, das Recht offenzulegen und seine Kenntnis allen zugänglich zu machen, und das geschah dann auch. Die Instanzen, die jetzt bestimmten, wie das Recht lautete, und die dafür sorgten, dass es auch veröffentlicht wurde, waren entweder der alte Adelsrat oder immer öfter dann auch die Volksversammlung. Wir sind heute in der glücklichen Lage, diese Rechtssetzung unmittelbar sehen, ja sogar anfassen zu können. In den Städten wurden die Gesetze nämlich jetzt in Stein gehauen und öffentlich aufgestellt, damit jeder sich authentisch darüber informieren konnte, wie das geltende Recht lautete, und von solchen steinernen Inschriften sind etliche erhalten. Damit war der erste Schritt auch zu dem getan, was wir heute den Rechtsstaat nennen: Jeder muss wissen können, wie das Recht lautet, Geheimvorschriften darf es nicht geben.
 
Nicht nur das Recht zwischen den Staatsbürgern wurde neu festgelegt, auch die gesamte Staatsorganisation wurde neu gestaltet - so bewusst und intensiv, dass wir nun tatsächlich von Staaten sprechen können. Diese »Neugründung«, wie sie von Victor Ehrenberg genannt worden ist, ließ sich gewiß auch von der Gründung der Städte in Übersee anregen, wo ja gewissermaßen aus dem Nichts heraus Gesamtregelungen des Zusammenlebens geschaffen werden mussten, und eine Rückwirkung dieses Vorgangs auf das Mutterland hat sicherlich stattgefunden. Trotzdem muss im Mutterland ja ein Anlass dafür dagewesen sein, am traditionellen, nicht ausdrücklich geregelten Adelsregiment etwas zu ändern. Ein solcher Anlass war die erhöhte Bedeutung, die den Hoplitenbauern zukam, ein weiterer war das Versagen der adeligen Rechtsprechung, und er hängt mit einem dritten zusammen, den immer angespannter werdenden sozialen Verhältnissen.
 
Eine generelle soziale Verelendung kann es nicht gegeben haben, denn sonst wären keine Hoplitenheere mit selbstbewussten, eisengepanzerten Bauern entstanden; auch wird man umgekehrt nicht sagen können, dass die Adeligen untereinander und im Verhältnis zu den Nichtadeligen überall und durchgängig immer größeren Besitz akkumuliert hätten. Diese Vorgänge muss es aber in einem Ausmaß gegeben haben, die es notwendig erscheinen ließen, sowohl in sozialer als auch in politischer Regelung zu dem zu gelangen, was in der Schweiz eine »Totalrevision der Verfassung« genannt wird. Das ausschlaggebende Kriterium dabei war, dass es im Hinblick auf das Ausmaß der Mitwirkungsberechtigung im Staate nicht mehr auf Abstammung oder Tradition ankommen solle, sondern auf einen sehr deutlichen und messbaren Faktor, nämlich auf das Vermögen. Der Gedanke, der dieser Überlegung zugrunde liegt, erinnert etwas an Max Webers protestantische Ethik: Wer im nichtstaatlichen Leben gezeigt hat, dass er tüchtig ist, hat sich damit auch für das öffentliche Leben qualifiziert, und umgekehrt ist nicht einzusehen, warum jemand, der in seinem privaten Dasein erfolglos ist, nun mit voller Stimme in den öffentlichen Angelegenheiten mitsprechen soll. Neben dem Berechtigungsgesichtpunkt kam noch der Verantwortungsgesichtspunkt hinzu: Wer am meisten zu verlieren hat, auch sein Leben als Krieger, empfindet größere Verantwortung für das Ganze.
 
Demgemäß wurde die Berechtigung, die Angelegenheiten der Stadt zu bestimmen, an ein ganz einfaches Kriterium gebunden: Wer das größere Vermögen hatte, hatte mehr Rechte. Bei der Verwirklichung dieses Kriteriums konnte man an die bisherige rudimentäre Organisation des öffentlichen Lebens anknüpfen, indem man auch Nichtadeligen den Zutritt zu Ämtern gestattete. Gleichzeitig nahm man eine Abstufung der Vermögensverhältnisse vor, indem man Vermögensklassen bildete, so dass man nicht jedesmal neu die einzelnen Personen konkret überprüfen musste, sondern nach Zugehörigkeit zur jeweiligen Klasse abstrakt die jeweilige Stellung im Staat festlegte. Eine solche Staatsform, bei der die Stellung im Staat vom Vermögen abhängt, wofür eine Einschätzung, ein Zensus, erforderlich ist, nennt man lateinisch Zensusverfassung, griechisch heißt sie Timokratie; die spezielle Timokratie der archaischen Zeit nennt man nach der Bevölkerungsschicht, die sie verursacht hat und die nun den Staat vor allem trug, Hoplitenstaat.
 
Diese Neuorganisation war in der Tat revolutionär. Der Adel als gesellschaftliche Schicht wurde entmachtet, aber nicht in der Weise, dass sich an seine Stelle eine andere Schicht gesetzt hätte. Es wurde vielmehr das Vermögen ziffernmäßig zugrundegelegt, und jedes Individuum, unabhängig von seiner sozialen Zugehörigkeit, stand für jede Rolle im Staat zur Verfügung. Es wurden abstrakte Ämter entweder geschaffen oder übernommen und ausgestaltet, mit festen Zuständigkeiten und mit geregelter Beschränkung der Amtsdauer. Wenn man dann noch die ebenso abstrakten Rechtsvorschriften hinzunimmt, die jetzt festgesetzt und veröffentlicht wurden, dann müssen wir feststellen, dass hier ein Bewusstseinssprung stattgefunden hat und eine rationale kaum vorstellbare Klarheit am Werke war.
 
Die breit gestreuten frühen Rechtsinschriften zeigen, dass Gesetzgebung auch in sehr kleinen Städten stattgefunden hat, und manchmal fragt man sich, woher solche winzigen Gemeinden eigentlich das menschliche Potenzial genommen haben, um derart ausdifferenzierte Regelungen in die Praxis umzusetzen; sehr viele werden eine komplette Hoplitenphalanx nicht im entferntesten haben aufbringen können. Dass gleichwohl überall derselbe Geist des abstrakten Rechnens und Konstruierens geherrscht hat, zeigen aber die Inschriften.
 
Die beste literarische Überlieferung über die Fehlentwicklungen einer griechischen Stadt der Umbruchzeit und über die Maßnahmen, die diese Fehlentwicklungen korrigieren sollten und den Hoplitenstaat begründeten, haben wir aus der größten Polis, aus Athen, wohl deshalb, weil Athen später die führende politische und kulturelle Rolle in Griechenland gespielt hat und weil demgemäß seine Geschichte schon in der Antike auf besonderes Interesse stieß; es liegt aber auch daran, dass es in der Person, der die wichtigsten Reformen zuzuschreiben sind, in Solon, einen bedeutenden Staatsphilosophen und Dichter aufzuweisen hat, durch den wir am Beispiel Athen besonders gut unterrichtet sind.
 
Solon, der 594/593 zum Archon, also zum obersten Beamten Athens, gewählt worden war, fasste nämlich seine Diagnose der Leiden seiner Vaterstadt, seine Maßnahmen zu deren Heilung und seine Ergebnisse in Versen zusammen, die er auch öffentlich vortrug. Es gab damals keine Massenpublikationsmittel, und während es in einer kleineren Polis genügte, in Gesprächen für seine politischen Ansichten zu werben, war es in einem Staat von der Größe Athens und Attikas nötig, für die Verbreitung auch über den unmittelbaren Gesprächskreis hinaus zu sorgen. Möglicherweise knüpfte Solon damit an den Brauch in Adelskreisen an, vor den zum Symposion versammelten Standesgenossen politische Lieder vorzutragen. Solons Elegien, das heißt Gedichte, in denen jeweils ein Hexameter und ein Pentameter miteinander abwechselten, konnte man sich leicht merken, und sie konnten leicht weiterverbreitet werden. Solons Gedichte sind als komplette Sammlung verlorengegangen, aber durch Zitate und Berichte bei anderen Autoren ist doch so viel erhalten, dass wir uns von seinen Reformen und damit von der Umbildung eines Adels- in einen Hoplitenstaat ein gutes Bild machen können.
 
Zum einen entschuldete Solon die Bauern und gab ihnen ihr Land zurück, das sie reichen Grundherren hatten verpfänden müssen; sofern sie sich selbst zum Pfand gegeben hatten und dann als Sklaven verkauft waren, wurden sie von Staats wegen wieder zurückgekauft. Neben zahlreichen weiteren Einzelgesetzen, deren Erlass vor allem seine reformerische Tätigkeit ausmachte, wurde auch der Staat neu verfasst. Die Bevölkerung wurde nun nicht mehr nach Herkunft, sondern nach Vermögen gegliedert. Die oberste Schicht bestand nun aus denen, die einen landwirtschaftlichen Jahresertrag von 500 Scheffeln und mehr hatten; nur sie, die Pentakosiomedimnoi, konnten Archonten werden. Ab 300 Scheffeln gehörte man zu den Rittern (Hippeis) und diente in der Kavallerie, zwischen 200 und 300 war man Zeugit und diente als Fußsoldat (Hoplit). Wer darunter lag (Theten), konnte keine Ämter innehaben, alle Athener aber kamen in der Ekklesia, der Volskversammlung, zusammen. Ein Rat der 400, hundert Mann pro Phyle, trat neben den alten Adelsrat. Phylen sind hier noch die auf ursprünglich Stammes- und Familienbindungen beruhenden gentilizischen Verbände.
 
Solons Reformwerk, bis heute berühmt, war in Athen selbst grundlegend für die ganze spätere Verfassungsgeschichte, Solon wurde später sogar - fälschlich - als der Begründer der Demokratie angesehen, und in ganz Griechenland zählte er zu den Sieben Weisen, aber zunächst scheiterte seine Neugründung des athenischen Staates in fulminanter Weise. Nominell galt es zwar, aber faktisch trat genau das ein, was er verhindern wollte, denn Athen geriet unter eine langandauernde Tyrannenherrschaft.
 
Die griechische Tyrannis
 
Die Tyrannis war eine in der archaischen Zeit erstmals auftretende Herrschaftsform, die darin bestand, dass sich ehrgeizige Adelige die politische und soziale Unruhe zunutze machten und sich zu Alleinherrschern über die jeweilige Polis aufschwangen. Es waren oft farbige Gestalten, die die Phantasie der Griechen stark in Anspruch nahmen, und einer von ihnen war der Athener Peisistratos mit seinen Söhnen Hippias und Hipparchos. Von ihnen erzählen wir jetzt und schließen daran die anderen Tyrannenherrschaften an.
 
Peisistratos stammte aus Brauron an der attischen Ostküste, dem Ort mit dem Heiligtum der Artemis, deren Kult sich zu einem attischen Staatskult entwickelte. In der Überlieferung heißt es, die Athener seien damals, im 6. Jahrhundert v. Chr., in drei regionale Gruppierungen zerfallen: in die Leute von der Küste, in die aus der Ebene und in die aus den Bergen. Peisistratos soll der Anführer der Leute aus den Bergen gewesen sein, ein gewisser Lykurg der der Leute aus der Ebene, und Megakles, aus dem berühmten Adelsgeschlecht der Alkmaioniden, der Anführer der Leute von der Küste. Aristoteles verbindet diese regionale Herkunft mit drei politischen Grundrichtungen, der volksfreundlichen Richtung, der oligarchischen und der mittleren; das muss nicht so gewesen sein, aber dass es immer noch heftige soziale Auseinandersetzungen gab, folgt schon aus der Tatsache, dass Peisistratos überhaupt Tyrann werden konnte. Nach drei Anläufen, die typisch für eine Tyrannenherrschaft sind, soll er das erst endgültig geschafft haben.
 
Beim ersten Mal wandte Peisistratos einen Trick an. Er hatte bereits ein großes Prestige, weil er das athenische Bürgeraufgebot erfolgreich in einem Krieg gegen das benachbarte Megara befehligt hatte - einer von den Grenzkriegen, die um die Gewinnung von Fruchtland gingen. Er soll sich dann selber verwundet und den Athenern dadurch die Behauptung glaubhaft gemacht haben, man trachte ihm nach dem Leben und deshalb brauche er eine Leibwache. Kaum war sie bewilligt, besetzte er mit diesen Keulenträgern die Akropolis und regierte als Alleinherrscher. Gegen ihn verbanden sich nun Megakles und Lykurg, vertrieben ihn, gerieten aber sofort selber in Streit, so dass Megakles nach Verbündeten Ausschau hielt. Er verband sich mit Peisistratos, versprach ihm seine Tochter zur Frau, und beide zusammen dachten sich eine weitere List aus. Eine große und schöne Frau wurde als die Göttin Athena verkleidet und auf einem Wagen durch die Stadt gefahren, wobei sie die Athener aufforderte, Peisistratos wieder an die Macht gelangen zu lassen. Zur großen Verwunderung Herodots fielen die Athener darauf herein, und Peisistratos wurde wieder als Tyrann eingesetzt.
 
Nun soll er sich insofern nicht an die dynastische Verbindung mit den Alkmaioniden gehalten haben, als er mit seiner neuen Frau nicht geschlechtlich verkehrte, also keine Kinder aus dieser Ehe bekam. Der Unmut, der daraufhin bei Megakles entstand und eine zweite Vertreibung befürchten ließ, trieb Peisistratos zum zweiten Mal außer Landes. Er ging nach Thrakien, wurde durch die Ausbeutung von Silberbergwerken vermögend, schaffte sich mit diesem Geld eine Söldnertruppe an und kam mit ihr nach Eretria auf der Attika vorgelagerten großen Insel Euböa. Dort bekam er weitere auch materielle Unterstützung von denen, die an seiner Herrschaft interessiert waren. Mit seinen Söldnern landete er nun bei Marathon an der Ostküste Attikas, also in dem Gebiet seiner Herkunft. Dort besiegte er das athenische Bürgeraufgebot und wurde zum dritten Mal Tyrann, diesmal also mit Gewalt. Trotzdem war seine Herschaft jetzt von Dauer, er starb später eines natürlichen Todes, und seine Söhne folgten ihm in der Tyrannis.
 
In Athen regierte Peisistratos so gemäßigt, dass seine Herrschaft (561-527) später als »Herrschaft des Kronos« gepriesen wurde, also als Goldenes Zeitalter, dessen wirtschaftliche Prosperität in der regen Bautätigkeit ihren Ausdruck fand. Sie konzentrierte sich vor allem auf den Ausbau der Akropolis und unter seinen Söhnen auf den monumentalen Tempel des Olympischen Zeus (Olympieion). Peisistratos war so klug, weder sich selbst förmlich als eine Art König einzusetzen noch die Institutionen des solonischen Staates abzuschaffen. Worauf er achtete, war nur, dass die ihm verbundenen Personen die Staatsämter bekleideten. Er scheint auch die Bauernschaft endgültig zufriedengestellt zu haben, indem er - was Solon nicht getan hatte - das Land neu verteilte, nicht nur die Schulden erließ; seither hört man in Athen nichts mehr von bäuerlicher Not oder Unzufriedenheit. Er scheint auch leutselig gewesen zu sein; so soll er unerkannt im Lande herumgegangen sein, um zu hören, was die Bevölkerung wirklich dachte, ja, er soll sich sogar einem normalen Gerichtsverfahren unterworfen haben - freilich bekam dann der, der gegen ihn vorging, Angst vor seiner eigenen Courage und zog die Anklage zurück.
 
Die Sanierung der Bauernschaft geschah vermutlich auf Kosten des besitzenden Adels. Trotzdem, und obwohl doch eine Tyrannis dem auf Gleichheit bedachten Selbstverständnis des Adels stracks zuwiderlief, hat es eine nennenswerte Adelsopposition zunächst nicht gegeben. Zwar sind die Alkmaioniden teilweise emigriert, aber ein später berühmt gewordener Alkmaionide, Kleisthenes, war Archon unter den Peisistratiden. Das ist umso bemerkenswerter, als der Tyrann auch sonst den Adel zurückgedrängt hat: Die frühesten athenischen Münzen weisen nämlich symbolische Darstellungen auf, die man als Adelswappen gedeutet hat, und wenn diese Deutung und die Chronologie richtig sind, dann stammen die auf diese Wappenmünzen folgenden einheitlichen Münzen mit Athena und der Eule aus der Tyrannenzeit. Peisistratos oder seine Söhne hätten danach dem Adel das Münzrecht genommen und den athenischen Staat weiter vereinheitlicht. Selbstverständlich aber haben die Tyrannen keine prinzipiell adelsfeindliche Politik betrieben. Man tat alles, vorausgesetzt, die eigene Machtposition blieb unangetastet, um die Standesgenossen zufriedenzustellen.
 
Unter Peisistratos' Söhnen Hippias und Hipparchos endete dann auch schon die Tyrannis, freilich nicht, wie die Athener später selber gerne glaubten, durch ein Aufbegehren gegen die Unterdrückung im Namen der Freiheit. Zwar ist einer der Tyrannen ermordet worden, Hipparchos, aber nur wegen einer privaten Liebes- und Eifersuchtsgeschichte. Das hat schon Thukydides gegen die athenische Lebenslüge vom Tyrannenmord durch Harmodios und Aristogeiton festgestellt. Nach dem Mord soll der übriggebliebene Hippias härter regiert haben, aber auch er ist nicht durch die Athener vertrieben worden, sondern 510 v. Chr. durch ein spartanisches Heer unter dem König Kleomenes. Hippias hatte sich mit seiner Familie auf der Akropolis verschanzt, bekam freien Abzug gewährt und ging ins Exil zum Perserkönig.
 
Athen hatte die Tyrannis erst verhältnismäßig spät kennengelernt. Andererseits ist es auch nicht so, dass überall, sozusagen als gesetzmäßig auftretende Entwicklungsstufe, die Tyrannis aufgetreten wäre. Viele Städte sind um sie herumgekommen, und auch für Athen hatte ja Solon diese Hoffnung gehegt. Eine der frühesten und dauerhaftesten war dagegen die Tyrannis in Korinth. Ihr Begründer hieß Kypselos, der um die Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr. gegen die herrschende Adelsfamilie der Bakchiaden an die Macht kam. Wie von vielen sagenhaften Gestalten und Staatsgründern - Ödipus, Moses, Romulus und Remus - wird auch von ihm erzählt, er sei als Kind ausgesetzt gewesen, weil ein Orakelspruch seine spätere Herrschaft vorausgesagt habe, sei dann wundersam errettet worden und habe dann erst recht die Macht ergriffen. Vielleicht ist diese Geschichte auch aus einer verfehlten Etymologie seines Namens entstanden; kypsele heißt »Lade«, und er soll als Baby vor denen, die ihn ermorden sollten, in einer Lade versteckt gewesen sein.
 
Sein Sohn Periander ist neben Dionysios von Syrakus das Urbild des Tyrannen: mächtig, klug und düster. Auch er wurde zu den Sieben Weisen gerechnet, und als Arion, der Erfinder des Dithyrambos (ein enthusiastisch-ekstatisches Chorlied im Dionysoskult), sich nur durch ein Wunder aus den Händen von Seeräubern retten konnte, führte Periander die Räuber ihrer gerechten Strafe zu. Von Staatsklugheit zeugt die Geschichte vom Köpfen der Getreideähren. Thrasybulos, der Tyrann von Milet, erhielt auf seine Frage, wie man als Tyrann am besten seine Herrschaft befestigen könne, vom Boten den Bericht: Periander habe überhaupt nicht geantwortet, nur habe er seltsamerweise bei einem Gang durchs Feld immer schweigend Kornähren geköpft und weggeworfen. Beseitigung des Adels sollte das bedeuten, und Thrasybulos verstand. Auf der anderen Seite sei Periander unbeherrscht gewesen; seine schwangere Frau Melissa habe er durch einen Tritt in den Unterleib getötet, habe ihr aber dann aus wilder Reue nach ihrem Tod noch beigewohnt.
 
Diese Gattin war die Tochter des Tyrannen von Epidauros, Prokles. Als sich nach Melissas Tod ihr Vater gegen Periander wandte, eroberte er Epidauros und fügte es seinem Besitz zu. Auch sonst trieb Periander eine aktive, persönliche Außenpolitik. Euagoras, einer seiner Söhne, gründete auf der westlichen Halbinsel der Chalkidike im Norden der Ägäis die Stadt Poteidaia. In Korkyra (Korfu), einer Pflanzstadt Korinths, setzte Periander seinen Sohn Nikolaos als Tyrannen ein, und als die Korkyräer diese Herrschaft abschüttelten und Nikolaos ermordeten, zeigte sich Perianders Grausamkeit: Er unterwarf die Insel wieder und schickte dreihundert adelige Jünglinge nach Lydien, um sie dort kastrieren und als Sklaven verkaufen zu lassen; nur durch die Hilfe der Bewohner von Samos wurden sie gerettet. Nachfolger in Korkyra wurde Perianders Neffe Psammetichos, dessen ägyptischer Königsname, darauf hinweist, dass Perianders dynastisch geprägte Außenpolitik sich bis nach Ägypten hin erstreckte.
 
Die Arion-Geschichte zeigt, dass Periander eine aktive Kulturpolitik zugeschrieben wurde. Innenpolitisch wird Ambivalentes über ihn berichtet. Das Köpfen der Kornähren deutet auf antiaristokratische Politik, ebenso die Behandlung der Korkyräischen Jünglinge. Andererseits dürfte diese Politik nicht Selbstzweck gewesen, sondern durch den seinerseits verständlichen Widerstand des Adels gegen die Alleinherrschaft hervorgerufen worden sein. Periander förderte den Bauernstand, indem er den Erwerb von Sklaven verbot und so den Einzelbauern ihre Existenzgrundlage erhielt, allerdings auch dafür sorgte, dass die Bauern nicht in die Stadt kamen, was möglicherweise als Präventivmaßnahme gegen Unruhen zu verstehen ist. Das städtische Leben förderte er durch den Bau einer Wasserleitung, und wenn wir sehen, dass in der Tyrannenzeit die korinthische Keramik überall in der griechischen Welt den ersten Platz einnahm, dann können wir daraus vielleicht schließen, dass Handel und Gewerbe gerade zu dieser Zeit blühten.
 
Nach Perianders Tod stand als einzig übriggebliebener Nachfahre nur der Neffe Psammetichos zur Verfügung, der aber nach dreijähriger Herrschaft gewaltsam gestürzt wurde. Danach wurde Korinth stabil von einer Oligarchie regiert.
 
Der berühmteste Tyrann dieser Zeit ist Polykrates von Samos, uns allen bekannt aus Schillers Ballade »Der Ring des Polykrates«. Typisch ist er nicht, denn er fällt in die Endzeit der archaischen Tyrannis (er regierte etwa 537 - 522 v. Chr.), er hatte eine Art Seereich aufgebaut und fiel schließlich der persischen Expansion zum Opfer. Aber schaurig-schöne Geschichten gibt es von ihm. Polykrates war weder der erste noch der letzte Tyrann auf Samos. Er errang, zunächst mit zwei seiner Brüder, wieder durch eine List die Herrschaft, indem er die Bürgerschaft entwaffnen ließ und sich dann auf eine Söldnertruppe stützte. Auch in seinem Fall ist die Gegnerschaft des Adels - auf Samos waren das die Gamoren, die »Landbesitzenden« - nicht gezielt herbeigeführt, sondern ergab sich aus der Tatsache der Herschaft selbst. Ebenso natürlich war seine Förderung der Mittel- und Unterschichten. Auch er baute für die städtische Bevölkerung eine Wasserleitung, und wir kennen nicht nur den Namen des Baumeisters, Eupalinos, sondern die deutschen Ausgrabungen haben auch die Leitung zutage gefördert, den nach dem Architekten benannten Eupalinos-Tunnel.
 
Polykrates hielt glänzend Hof. Heute noch berühmte Dichter wie Anakreon und Ibykos - auch dieser durch eine Schillersche Ballade bekannt - hielten sich bei ihm auf, er baute Tempel und Paläste, Schiffshäuser und eine große Hafenmole, die Samos zu einem begehrten Anlegeplatz machte. Damit zog er Handelsschiffe nach Samos und verschaffte sich durch Zölle und Hafengebühren Einnahmen und der Bevölkerung Arbeitsplätze. Auch sonst taten die Überseekaufleute gut daran, es mit dem Tyrannen nicht zu verderben, denn er war gleichzeitig ein Seeräuber großen Stils. Seine Flotte von 140 Kriegsschiffen war dabei, die ganze Ägäis zu beherrschen, und wenn sie nicht auf Raub auszog, dann sicherte sie seine Außenbesitzungen; diese waren so zahlreich, dass sein Herrschaftsgebiet Thalassokratie genannt wurde, Seeherrschaft. Alles gelang ihm, und nach griechischer Auffassung ist gerade das die Ursache für sein schlimmes Ende gewesen. Um dem Neid der Götter zu entgehen, warf Polykrates, so berichtet Herodot und so dichtet nach ihm Schiller, auf Anraten des ägyptischen Königs Amasis seinen Lieblingsring ins Meer, aber alsbald wurde ihm ein prächtiger Fisch gebracht, der in seinem Magen den Ring hatte. Daraufhin kündigte ihm Amasis die Freundschaft, um nicht mit ihm zusammen unterzugehen. Beiden sollte das nichts nützen.
 
Polykrates war nämlich auch außenpolitisch ein so mächtiger Herrscher, dass er zu einem Machtfaktor im östlichen Mittelmeergebiet wurde, in das das persische Weltreich immer weiter vordrang und zunächst Ägypten bedrohte. Dessen König suchte Unterstützung bei Polykrates. Ägypten wurde aber trotzdem 525 v. Chr. von Persien erobert und dem Reich einverleibt. Polykrates hatte vorher die Seite gewechselt und dem Perserkönig Kambyses sogar eine Kriegsflotte zur Verfügung gestellt, die er nicht ohne List großenteils mit Gegnern seiner Herrschaft bemannte, deren Kriegertod ihm gelegen gekommen wäre. Diese Flotte drehte aber auf dem Weg nach Ägypten um und versuchte, Polykrates zu stürzen. Das misslang, und auch ein zweiter Versuch, diesmal mit Hilfe Spartas, ging ergebnislos aus. Schließlich fiel Polykrates einer List zum Opfer. Oroites, der Satrap des Perserkönigs, der ihn zu einer Besprechung aufs Festland einlud, ließ ihn auf eine so scheußliche Weise umbringen, dass Herodot sich weigert, das im Einzelnen zu berichten. Nach ihm herrschten kleinere Tyrannen, jetzt von Persiens Gnaden.
 
Noch müssen wir uns nicht von den Tyrannengeschichten losreißen, denn es muss noch von den gewaltigsten berichtet werden, von denen auf Sizilien. Wenn im Mutterland die Verhältnisse so waren, dass, etwa in Athen, ein erfolgreiches Kommando in Grenzkriegen das Sprungbrett für die Tyrannenherrschaft darstellte, so waren militärische Kommanden gerade auf Sizilien geradezu existenziell, denn dort saßen die Karthager, mit denen die Griechenstädte oft im Krieg lagen, und zudem gab es auch mit den Einheimischen ständige Kämpfe. Deshalb war Sizilien geradezu ein Nährboden für Tyrannen: Sicilia nutrix tyrannorum, sagt der spätantike Historiker Orosius. Alles auf Sizilien war größer als im Mutterland: die Städte, die Bauten, die Kriege, die Tyrannen, die jeweilige Ausprägung ihrer Herrschaft. Der grausamste soll Phalaris von Akragas gewesen sein, der in der ersten Hälfte des 6. vorchristlichen Jahrhunderts herrschte. Mit List und Gewalt an die Macht gelangt, hat er einen bronzenen Stier herstellen lassen, in dessen Bauch er seine Gegner sperrte, Feuer unter ihm anzündete und sich dann an dem Geschrei der Unglücklichen weidete, das wie Stiergebrüll klang. Glücklicherweise ist Akragas aber auch der Schauplatz der mildesten Tyrannis, die die Griechen gekannt haben. Theron, Urenkel des aus Rhodos stammenden Telemachos, der Akragas von Phalaris befreit hatte, regierte im Konsens mit den Akragantinern, deren Stadt er durch riesige Tempelbauten und eine - uns allmählich bekannt werdende - Wasserleitung prachtvoll ausstattete. Nach außen war er weniger friedfertig. Er griff nach Norden aus und eroberte Himera, das von einem unerfreulichen Tyrannen Terillos regiert wurde. Dieser Terillos stand mit den Karthagern auf freundschaftlichem Fuße, und so verwundert es nicht, dass es bei Himera zu einer gewaltigen Schlacht zwischen Karthagern und Griechen, nicht nur Akragantinern, kam. Theron hatte nämlich seine Tochter Damarete dem Tyrannen von Syrakus, Gelon, zur Frau gegeben, und unter Gelons Kommando siegten Akragas und Syrakus 480 v. Chr. bei Himera gegen die Karthager, ein Ereignis, das in der ganzen griechischen Welt begeistert gefeiert wurde; auch deshalb natürlich, weil im selben Jahr die mutterländischen Griechen die Perser bei Salamis besiegten. Therons Nachfolger wurde sein Sohn Thrasybulos, der vorher für seinen Vater Himera regiert hatte; er war ein Tyrann im negativen Sinne, wurde in einer Schlacht vom syrakusanischen Tyrannen Hieron besiegt und kam in Megara in Griechenland um. Akragas lebte nun ohne Tyrannis.
 
Die Brüder Gelon und Hieron, die Tyrannen von Syrakus, stammten aus Gela, einer Stadt an Siziliens Südküste. Dort schwang sich gegen Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. zunächst ein Kleandros zur Tyrannis auf, der nach siebenjähriger Herrschaft ermordet wurde, aber in seinem Bruder Hippokrates sofort einen Nachfolger bekam. Hippokrates regierte im Einvernehmen mit den Begüterten Gelas, stellte an die Spitze der Reiterei Gelon, den Sohn des Deinomenes, und unterwarf den Ostteil Siziliens mit Ausnahme von Syrakus und Messina. In einem Krieg gegen die einheimischen Sikeler ist er gefallen. Nach seinem Tod versuchte das Volk von Gela, sich in einem Aufstand zu befreien, wurde jedoch von der Reiterei unter Gelon besiegt, der nun seinerseits Tyrann wurde. Damit begann eine dramatische Epoche in der sizilischen Geschichte.
 
Gelon eroberte 485 v. Chr. Syrakus, ließ sich dort als Tyrann nieder und begann, die Territorialherrschaft über West- und Mittelsizilien, die Hippokrates ansatzweise begründet hatte, durch Neuansiedlungen und Umsiedlungen großen Stils zu verfestigen. Als die Perser vor 480 v. Chr. Griechenland bedrohten, baten die mutterländischen Griechen ihn um Hilfe. Er soll deshalb abgelehnt haben, weil die Griechen ihm den Oberbefehl nicht geben wollten; in Wirklichkeit kam er deshalb nicht, weil er zusammen mit seinem Schwiegervater Theron die Karthager abwehren musste, was mit dem glänzenden Sieg bei Himera 480 ja auch gelang. Gelon war nun Herr über Sizilien, mit Ausnahme des karthagischen Gebiets und Therons Herrschaft; auch von ihm heißt es, dass seine wohlwollende Herrschaft unangefochten gewesen sei.
 
Nach seinem Tod 477 v. Chr. war es abermals ein Bruder, der die Nachfolge antrat, Hieron, und er ist wohl der bedeutendste dieser frühen sizilischen Tyrannen gewesen; freilich war er mehr Machtmensch als Gelon, und seine Regierung soll drückender gewesen sein. Bisher war er Statthalter in der gemeinsamen Heimatstadt Gela gewesen, jetzt kam er nach Syrakus. Er gründete unterhalb des Ätna die gleichnamige Stadt Aitna und setzte seinen Sohn dort als König ein; er griff weit über Sizilien hinaus und fing an, in Süditalien Politik zu machen, indem er Lokroi Epizephyrioi gegen den Tyrannen von Rhegion schützte. Dadurch wurde das Vertrauen in seine Macht so groß, dass ihn die Bewohner von Kyme gegen die Etrusker um Hilfe riefen. Mit großem Erfolg, denn 474 besiegte er vor Kyme, also wahrlich weit entfernt vom heimatlichen Syrakus, die Etrusker in einer großen Seeschlacht und verhinderte so deren Ausbreitung nach Kampanien. 466 v. Chr. ist er gestorben, aber als nun ein weiterer Bruder, Thrasybulos, seine Nachfolge antreten wollte, gelang das nicht mehr. Syrakus vertrieb den neuen Tyrannen und kehrte zum normalen Verfassungsleben zurück.
 
Alle Tyrannen auf Sizilien, auch die im Mutterland, waren große Herren, entstammten meist dem Adel, betrieben die adeligste Sportart, nämlich Pferdezucht und Wagenrennen, und die sizilischen Tyrannen waren allen anderen auch hierin voraus. Wir können heute noch die wundervollen Preislieder lesen, die die Dichter Pindar und Bakchylides auf die Rennsiege gerade sizilischer Tyrannen gedichtet haben, und Aischylos, der erste große Tragiker Athens, der in den »Schutzflehenden« das Hohe Lied der Demokratie gesungen hat, lebte später an Hierons Hof und schrieb das - verloren gegangene - Drama »Die Aitnaierinnen«, das Hierons Gründung am Ätna zum Gegenstand hatte. Sie galten also nicht durchgängig, wie unser heutiger Sprachgebrauch es nahelegt, als blutige Gewaltherrscher, und Ähnliches gilt von den mutterländischen Tyrannen. Obwohl einige doch diesem Bilde entsprachen, und obwohl Solon es aus ethischen Gründen ablehnte, Tyrann zu werden, ist das einseitig negative Tyrannenbild erst später entstanden. Eine offizielle Stellung hatten sie nicht; wie Peisistratos ließen sie im Allgemeinen die Institutionen der Polis bestehen und herrschten als Personen. Das geht auch aus den Weihinschriften hervor, die Gelon nach dem Sieg bei Himera und Hieron nach dem Sieg bei Kyme in Delphi beziehungsweise in Olympia angebracht haben.
 
Die Tyrannen waren in Wirklichkeit nichts anderes als ehrgeizige Männer, die einen besonderen aristokratischen Lebensstil pflegten, aber das Lebensgesetz des Adels ignorierten und daher Unterstützung im Volk suchten, es förderten und so in den Ruf gerieten, Volksfreunde mit demokratischem Einschlag zu sein; so sahen sie die adeligen Dichter Alkaios von Lesbos und Theognis von Megara, die sie in ihren politischen Gedichten scharf angriffen.
 
Die Tyrannen konnten sich deshalb über ihre Standesgenossen erheben, weil sich die gesamte Gesellschaft in einem Wandlungsprozess befand, der Einzelnen die Möglichkeit gab, neue Entwicklungen zu unterstützen und sich auf diese Weise zur Alleinherrschaft aufzuschwingen. Damit betrieben sie die Ablösung der Adelsgesellschaft und bereiteten dem neuen Verfassungsstaat den Boden. Daher dauerte ihre Herrschaft nie länger als höchstens zwei Generationen.
 
Wirtschaft und Kultur in archaischer Zeit
 
Wir sahen, dass demographische und wirtschaftliche Faktoren entscheidend die Umgestaltung des Adelsstaates herbeigeführt haben; aber auch die Wirtschaft als solche wandelte sich. Selbstverständlich ist die Landwirtschaft die wichtigste Art der wirtschaftlichen Produktion geblieben, wie die gesamte Antike hindurch. Die Überbevölkerung bewirkte ein Schrumpfen der wirtschaftlichen Existenzmöglichkeit der einfachen Bauern und, wie wir im Falle Athens sahen, eine Besitzzunahme aufseiten des Adels; freilich scheint das Ungleichgewicht im Zuge der politischen Entwicklung wieder beseitigt worden zu sein. Außerdem ging man dazu über, eine regelrechte staatliche Wirtschaftspolitik zu betreiben, indem man sich auf besonders einträgliche Produkte - in Athen waren es Öl und Wein - verlegte und sich bei den Grundnahrungsmitteln auf die Einfuhr von außerhalb verließ.
 
Das wirtschaftliche Leben differenzierte sich über diese Wirtschaftspolitik hinaus. Der Handel nahm zu, und wenn in den Dunklen Jahrhunderten dieser vor allem von den fremden Phönikern getragen wurde, so griffen jetzt Griechen aktiv ins Handelsgeschehen ein. Keineswegs waren das nur Angehörige der Mittel- oder Unterschichten, die auf diese Weise nach oben drängten; gerade der Adel betätigte sich im Überseehandel, wie etwa Sapphos Bruder, der in Ägypten tätig war. Erleichtert wurde der Handel größeren Kalibers durch die Erfindung der Münze. Ihre Anfänge liegen um die Wende vom 7. zum 6. Jahrhundert wohl bei den kleinasiatischen Lydern, aber aufgegriffen und vollendet ausgebaut wurde das Münzwesen von den Griechen. Es ist hier absichtlich nicht von »Geld« die Rede, denn das, was die Griechen jetzt prägten, war kein allseitig verwendbares Zahlungsmittel. Eine Münze ist ein Stück Edelmetall - in Griechenland vor allem Silber - ganz bestimmten Gewichts, und dieses Gewicht wurde von der Stadt durch ihren auf dem Metallstück angebrachten Stempel garantiert.
 
So wie Griechenland keine politische Einheit darstellte, so gab es auch unterschiedliche Maß- und Gewichtssysteme; daher war es wichtig, dass der Wirtschaftsbürger erkennen konnte, von welcher Stadt die Münze ausgegeben war und welcher Münzfuß Anwendung fand. Hatte man früher geglaubt, das Aufkommen der Münzen habe eine Art Geldverkehr wie in der Neuzeit verursacht, so ist man heute der Ansicht, dass der Einsatz von Münzen nur bei größeren Transaktionen wie etwa dem Tempelbau oder der Bezahlung von Söldnern stattfand. Es gibt nämlich aus dieser frühen Zeit nur Münzen hohen Wertes; die Bronzestücke des täglichen Geldverkehrs sind, mit Ausnahmen, erst eine spätere Entwicklung. Demzufolge gab es keine fungible Geldwirtschaft, die etwa das Entstehen einer Handel und Gewerbe treibenden größeren Bevölkerungsschicht verursacht hätte.
 
Eine solche Schicht ist auch nicht aus der Existenz der griechischen Vasen zu erschließen, die in weiten Teilen des Mittelmeer- und Schwarzmeergebietes gefunden werden. Gewiss ist es verführerisch, die Gleichzeitigkeit zwischen dem Export der korinthischen Vasen und der Tyrannenherrschaft der Kypseliden zu beobachten; von einer Art neu aufkommender bürgerlichen Schicht zu sprechen, deren Handelsinteressen etwa die Tyrannis wahrgenommen hätte, wäre jedoch weit übertrieben. Es gab in den Städten eine ausdifferenziertere handwerkliche Produktion, es gab Münzen, die den Handelsverkehr erleichterten, aber die Hauptproduktionsart war nach wie vor die Landwirtschaft, und die Schicht, die die Politik bestimmte, waren die wehrfähigen Bauern.
 
Die archaische Zeit ist nicht nur die Epoche der Herausbildung des Stadtstaates und der Kolonisation, sondern ebenso die der Entstehung der griechischen Kultur. Da einiges in dem Kapitel über die panhellenischen Spiele und den Sport im Allgemeinen zur Sprache kommen wird, sei hier nur darauf hingewiesen, dass gerade auf kulturellem Gebiet der Einfluss des Orients besonders zu bemerken ist. Dass sogar die urgriechisch erscheinende Mythologie vorderasiatische Elemente enthält, ist seit langem gesicherte Erkenntnis; der den geometrischen Stil ablösende archaische Vasenstil wird wegen seiner motivlichen Dekoration von der archäologischen Wissenschaft geradezu »orientalisierender Stil« genannt; und die Anfänge der Philosophie im griechischen Kleinasien, die Naturphilosophie, die sich über Entstehung und Zusammensetzung der uns umgebenden Natur Gedanken machte, ist ohne orientalische Vorgänger nicht vorzustellen - und was sind schließlich die archaischen Jünglingsstatuen der Kuroi anderes als die Adaptation ägyptischer Statuen an die griechische Vorstellungswelt?
 
Gerade dieses Beispiel zeigt aber auch, dass niemand bei dem Gedanken einer starken orientalischen Komponente in der griechischen Kultur befürchten muss, hier solle dem Griechischen die Originalität abgesprochen werden und alles in einem konturlosen Brei aufgehen. Trotz ihrer steifen Körperhaltung, den eckigen Schultern, den herabhängenden Armen, den zur Faust geballten Händen und dem vorgesetzten Fuß sind die Kuroi doch ganz und unverwechselbar griechisch, und noch mehr muss das von den Bauten und der Dichtung gesagt werden. Die Tempel, zunächst nur ein einfaches Megaron (einräumiges Haus) zur Aufnahme des Götterbildes mit im Osten davor errichteten Altar, dann allmählich mit Säulenkranz, wie der Heratempel von Samos zeigt, oder anderer Säulenstellung - das ist nur griechisch, ebenso die Säulenordnung, die sich wie die Grundrissdisposition in Ionien (ionische Ordnung) anders entwickelte als die im griechischen Mutterland (dorische Ordnung) und im griechischen Westen. Nur griechisch ist die plötzlich in unendlicher Fülle und in unendlichem Formenreichtum hervorbrechende Dichtung, und nur griechisch ist vor allem etwas, was alle Formen des geistigen und künstlerischen Lebens miteinander verbindet: Hier waren keine anonymen Kräfte am Werk, sondern Individuen, die auf ihre Leistung und auf ihren Namen stolz waren, ihn nannten und unter ihrem Namen teilweise bis heute weiterleben. Architekten schrieben ihren Namen auf die Stufen des Tempels, Herodot nennt berühmte Künstler und Kunsthandwerker, ja, Münzschneider signierten teilweise ihre wunderbaren Produkte (wenn dieses Zeichnen mit dem Namen vielleicht auch Kontrollzwecken diente). Die Philosophen publizierten unter ihren Namen Thales, Anaximenes, Anaximander oder Heraklit, und die Dichter veröffentlichten ihre Werke nicht als namenlose Kollektivprodukte, sondern Hesiod, Archilochos, Alkaios oder Sappho sprachen (auch) von sich und ihren Empfindungen und nannten sich mit Namen. Daher kennen wir auch ihr Geschlecht, und daher wissen wir, dass es nicht nur Dichter, sondern auch Dichterinnen gab, als berühmteste eben Sappho.
 
Die Rolle der Frau
 
Schon öfter war gelegentlich von Frauen die Rede, und hier ist nun der Ort, im Zusammenhang darzustellen, welche Rolle sie in der archaischen Gesellschaft spielten. Man kann auch hier von Homer ausgehen. Insbesondere in der »Odyssee« kommen Sklavinnen und Mägde vor, etwa die Mägde im Hause des Odysseus auf Ithaka, die sich den Freiern der Penelope hingeben und nach seiner Heimkehr von Odysseus schrecklich bestraft werden. Aber so, wie die Männerwelt vorwiegend durch große Helden repräsentiert wird, sind auch die Frauen bei Homer vornehme Damen, Gattinnen, Mütter und Töchter von Königen und großen Herren. Sie regieren über die häuslichen und familiären Angelegenheiten, werden hoch geehrt, äußern sich sogar gelegentlich zu öffentlichen Angelegenheiten oder wirken sogar wie Arete, die Frau des Phäakenkönigs Alkinoos, an wichtigen Entscheidungen mit. Man kann wirklich sagen, dass die homerische Welt zwei abgegrenzte Lebensbereiche kennt, in denen die beiden Geschlechter jeweils für sich und autonom wirken: Politik und Krieg für den Mann, Haus und Familie für die Frau, wobei trotz aller Wichtigkeit der öffentlichen Angelegenheiten der interne Wirkungskreis ebenfalls als existenzsichernd hoch geachtet wird.
 
In den oberen Rängen der Gesellschaft scheint sich in archaischer Zeit nicht viel geändert zu haben; wir können das bereits aus der politischen Entwicklung ablesen. Die dynastischen Heiraten der Tyrannen zeigen, dass und wie die hochadeligen Frauen konstiutiv für die Herrschaft waren; freilich in diesem politischen Bereich in eher dienender und zweitrangiger Stellung, konstitutiv aber trotzdem. Voraussetzung für die gegenseitige Bindung zweier adeliger Geschlechter war ja, dass die Frauen, mit denen die Ehe eingegangen wurde, achtenswerte Personen waren, die als Ehefrauen das gesellschaftliche und politische Prestige erhöhten. Dies belegen bildlich vielleicht Münzen. Es finden sich heute auf der Welt nur noch dreizehn Exemplare einer großen syrakusanischen Sílbermünze des hohen Nominalwertes von zehn Drachmen. Diese Münzen tragen das Porträt einer edlen Frau im Profil, und da von einem antiken Historiker berichtet wird, es seien zu Ehren der Damarete, der Gattin Gelons, Münzen geprägt worden, die Damareteion genannt wurden, liegt es nahe, diese Münzen als die letzten erhaltenen Exemplare dieser Prägung zu betrachten. Auch wenn diese Deutung nicht zutreffen und die Dargestellte eine Göttin sein sollte, so bleibt doch die Tatsache bestehen, dass für eine Frau deshalb Münzen geprägt und nach ihr benannt wurden, weil sie durch eine Friedensvermittlung dem Staat einen Dienst geleistet hatte.
 
In wie hohem Ansehen die adeligen Frauen standen, vermitteln die archaischen Korenstatuen. Das sind etwas überlebensgroße Statuen von prächtig gekleideten und geschmückten jungen Frauen, offensichtlich aus begüterten und vornehmen Häusern stammend; sie stehen in Parallele zu den unbekleideten Jünglingsstatuen, den Kuroi. Diese Mädchenstatuen haben repräsentativen Charakter und sind Prestigeobjekte, die die Vornehmheit und eindrucksvolle Schönheit dieser Frauen anschaulich machen sollen. Dass sie aber nicht nur schön waren, sondern auch gebildet, zeigt die Tätigkeit, die die Dichterin Sappho ausübte. Sie, die selber adelig war, war in ihrer Heimatstadt Mytilene auf Lesbos mit der Aufgabe betraut, adelige Mädchen zu unterrichten. Natürlich ging es dabei auch und vielleicht vorwiegend um die Tätigkeiten im Haushalt, aber schon allein die Tatsache der überaus kunstvollen Gedichte der Sappho selbst sowie die weitere Tatsache, dass in den Gedichten Mädchen aus ihrem Kreis angeredet werden, zeigt, dass selbstverständlich auch literarische Bildung vermittelt wurde. Ebenso zeugt der verehrungsvolle Ton, in dem der spartanische Dichter Alkman die Mitglieder weiblicher Mädchenchöre anredet, wie hochgeachtet in der archaischen Zeit die adeligen Frauen waren.
 
Es gab aber auch andere Stimmen, ziemlich schockierende. Hesiod, der Bauerndichter, warnte in den »Werken und Tagen« vor den Frauen, die zu Hause sitzen, nichts tun und essen, während der Mann sich draußen auf dem Feld abrackert; und zudem verführen die Frauen den Mann, mit der Folge, dass er selber vorzeitig altert und dass zu viele Kinder geboren werden, die nicht ernährt werden können. Ähnlich dichtete etwa hundert Jahre später Semonides von der Insel Keos, und in einem langen Schmähkatalog vergleicht er die Frauen mit allerlei unappetitlichen Tieren. Was mag dem zugrundeliegen? Zum einen muss man beachten, dass diese Einschätzungen sich nicht in der Oberschicht abspielen. Hier ist von Mittel- oder sogar Unterschichten die Rede, die bei Homer nur ein Randdasein führen. Zum zweiten ergibt sich aus den Klagen, dass wirtschaftlich angespannte Verhältnisse herrschten: mühsames Arbeiten auf dem Feld, Nahrungsmangel, zu große Kinderzahl. Das ist genau die Situation der Krise der archaischen Zeit, die zu Grenzkriegen, Auswanderung und Umgestaltung des Staates führte. Man kann also zunächst einmal sagen, dass unter der Voraussetzung der Repräsentativheit dieser Aussagen frauenfeindliche Auffassungen eine Ursache in der wirtschaftlichen Krise der archaischen Zeit hatten und die Unterschicht betrafen.
 
Das ist aber nur eine Seite. Auch in der Oberschicht gab es Veränderungen. Neben der allgemeinen Hochachtung der adeligen Frauen traten in archaischer Zeit zwei neue Phänomene auf, die von einem veränderten Verhalten der beiden Geschlechter untereinander sprechen. Das sind die Knabenliebe und das Hetärenwesen. In der Oberschicht greifen homosexuelle Verhältnisse zwischen Männern und Jünglingen um sich, die dann die ganze Antike hindurch, auch in Rom, praktiziert wurden. Es handelte sich dabei nicht um Homosexualität zwischen Gleichaltrigen, die auf der betreffenden Veranlagung beruhte; solche Homosexualität, zumal dann, wenn sie gewerbsmäßig betrieben wurde, war immer mit einem Unwerturteil verbunden, und deshalb spricht man besser von Knabenliebe. Hinzu kommt, dass auch die weibliche gleichgeschlechtliche Liebe auftrat, die bei Sapphos Beziehungen zu ihren Schülerinnen zu bemerken ist. Diese Schülerinnen wurden ja auf Ehe und Haushalt vorbereitet, und daher kann es sich auch bei dieser Art von gleichgeschlechtlicher Liebe nur um eine Art Durchgangsstadium gehandelt haben.
 
Gewissermaßen das Gegenteil ist das Hetärenwesen, denn hier handelt es sich um heterosexuelle Beziehungen zwischen Männern und Frauen. Gewöhnliche Prostitution gab es ohnehin immer; bei den Hetären dagegen handelt es sich um anziehende Frauen, die außer Künsten in der physischen Liebe auch geistige und künstlerische Qualitäten zur Verfügung hatten. Sie waren auf den Symposien dabei, also bei den Feiern, die in Adelskreisen mit Wein, Gesang, Gedichtvortrag und Liebe abgehalten wurden - bei all dem durfte sich keine anständige Frau sehen lassen, aber Hetären waren oft dabei und mussten sich in all den unterschiedlichen Arten von Zeitvertreib auskennen. Bestimmt waren nicht alle Ausbünde von Gebildetheit, aber bemerkenswert ist doch, dass noch Plutarch in seiner Pompeius-Biographie eine Hetäre mit Äußerungen zur Persönlichkeit dieses Mannes zitiert; eine solche öffentliche Dame war also durchaus eine seriöse Quelle.
 
Wieder fragen wir, wie es dazu kommen konnte, und diesmal ist die Antwort noch unsicherer als bei der Frauenfeindschaft der Unterschichten. Mit einiger Sicherheit kann gesagt werden, dass Knabenliebe und Hetärenwesen Oberschichtphänomene sind; es gibt genügend Äußerungen späterer Zeit, in denen von der Seite des nichtadeligen Volkes aus entsprechende Kritik daran geübt wird, und zudem waren Hetären ja nicht billig. Man könnte auf den Gedanken kommen, dass diese beiden Verhaltensweisen auch soziale Ursachen hatten, denn sie waren im Hinblick auf Nachkommenschaft beziehungsweise legitime Nachkommenschaft ja folgenlos und insofern praktisch und empfehlenswert. Da sie jedoch beide nur in der Oberschicht anzutreffen sind, ist dieser Grund nicht zwingend, wenn auch bis zu einem gewissen Grade vielleicht doch wirksam. Die Knabenliebe insbesondere kann militärische Gründe gehabt haben; in Sparta war sie bei der militärischen Erziehung junger Männer sogar erwünscht, weil man durch sie auch eine innere Bindung zwischen dem Erwachsenen und dem Heranwachsenden herbeiführen wollte, die sich im Kampf stabilisierend auswirken sollte - warum kann das nicht auch anderswo so gesehen worden sein? Wir können hier nicht mehr tun, als Fragen aufwerfen.
 
Prof. Dr. jur. Wolfgang Schuller
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
griechische Spiele und Orakelstätten
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Kreta: Die Palastkultur
 
 
Das alte Griechenland. Geschichte und Kultur der Hellenen, bearbeitet von Adolf H. Borbein. Mit Beiträgen von Christof Boehringer u. a. München 1995.
 Bengtson, Hermann: Griechische Geschichte. Von den Anfängen bis in die römische Kaiserzeit. München 81994.
 Berve, Helmut: Die Tyrannis bei den Griechen. 2 Bände. München 1967.
 Boardman, John: Kolonien und Handel der Griechen. Vom späten 9. bis zum 6. Jahrhundert v. Chr. Aus dem Englischen. München 1981.
 
dtv-Geschichte der Antike, herausgegeben von Oswyn Murray. 7 Bände. Aus dem Englischen. München 1-51988-96.
 Gehrke, Hans-Joachim: Jenseits von Athen und Sparta. Das dritte Griechenland und seine Staatenwelt. München 1986.
 Gschnitzer, Fritz: Griechische Sozialgeschichte. Von der mykenischen bis zum Ausgang der klassischen Zeit. Wiesbaden 1981.
 Koerner, Reinhard: Inschriftliche Gesetzestexte der frühen griechischen Polis. Herausgegeben von Klaus Hallof. Köln u. a. 1993.
 Oliva, Pavel: Solon - Legende und Wirklichkeit. Konstanz 1988.
 Plutarch: Große Griechen und Römer. Aus dem Griechischen übertragen, eingeleitet und erläutert von Konrat Ziegler. 6 Bände. München 1979-80.
 Schnurr-Redford, Christine: Frauen im klassischen Athen. Sozialer Raum und reale Bewegungsfreiheit. Berlin 1996.
 Schuller, Wolfgang: Frauen in der griechischen Geschichte. Konstanz 1985.
 Schuller, Wolfgang: Griechische Geschichte. München 41995.
 
A selection of Greek historical inscriptions. To the end of the 5. century BC, herausgegeben von Russell Meiggs und David Lewis. Neuausgabe Oxford 1988. Nachdruck Oxford 1992.
 Weiler, Ingomar: Griechische Geschichte. Einführung, Quellenkunde, Bibliographie. Darmstadt 21988.
 Welwei, Karl-Wilhelm: Die griechische Polis. Verfassung und Gesellschaft in archaischer und klassischer Zeit. Stuttgart u. a. 1983.

Universal-Lexikon. 2012.

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